Zwischen Selbstzensur und Unterdrückung

Medien im Iran sind staatlicher Kontrolle unterworfen. Sofern Journalisten nicht der herrschenden Ideologie genügen wollen, müssen sie mit Repressionen rechnen – oder ins Ausland fliehen.

By Asghar Schirazi

Bereits die Verfassung der Islamischen Republik lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass es sich im Iran um eine Staatsideologie handelt, die kein positives Verhältnis zu den Grundwerten der demokratisch-republikanischen Staatsformen unterhält und die auf der alleinigen Herrschaft Gottes basiert. Allein ein solches Politikverständnis verdeutlicht den fehlenden Sinn für die Freiheit der Medien im Iran.

Wenn trotzdem in der Verfassung von "Grundfreiheiten" die Rede ist, u.a. auch von der Freiheit der Presse (Art. 24), dann nur unter der Bedingung, dass diese den "Grundsätzen des Islam" nicht widersprechen.

Theoretisch bedeutet diese Bedingung also die Berechtigung zur Unterdrückung jedes geschriebenen und gesprochenen Wortes, das dem Islamverständnis der herrschenden Fundamentalisten nicht entspricht. Was dies praktisch heißt, verdeutlicht die Geschichte des Umgangs mit der Presse und anderer Massenmedien in der Islamischen Republik.

Massenmedien im Griff des Staates – ein Rückblick

Während Radio- und Fernsehanstalten gleich nach der islamischen Revolution 1979 unter die Kontrolle des neuen Staates gestellt wurden, dauerte es bei den Presseerzeugnissen noch bis zum Sommer des Jahres 1981, bis schließlich auch die letzte oppositionelle Zeitung ihre Produktion einstellen musste.

Erschienen kurz nach der Revolution noch rund 444 verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, waren es im Jahre 1988 nur noch 121 – alles Publikationen, die ausnahmslos dem Regime verpflichtet waren.

Nach dem Tode Khomeinis 1989 ließ der Druck auf die Presse, im Rahmen einer von der Regierung Rafsandschanis geführten Reformpolitik, zunächst leicht nach. Die Zahl der Presseorgane stieg bis 1992 auf 369. Während dieser Anstieg kurz darauf wegen des Drucks radikaler Kräfte auf die Regierung aufgehalten wurde, stellte er sich nach der Wahl Mohammad Khatamis zum Staatspräsidenten im Jahre 1997 wieder ein.

Aber auch dieses Mal gelang es den radikal-islamistischen Tendenzen im Staat, diese relative Liberalisierung zu beenden. Zwischen 2000 und der Wahl Ahmadinedschads zum Nachfolger Khatamis im Jahr 2005 wurden mehr als hundert Zeitungen und Zeitschriften verboten.

Unter dem neuen Präsidenten verschärfte sich der Druck noch weiter: Allein zwischen April 2006 und 2007 wurden 34 Zeitungen und Zeitschriften verboten. Heute erscheinen nur noch wenige, vom rechten Reformflügel herausgegebene Zeitungen, die zudem einer strengen Zensur unterliegen.

Ohnmacht der Medienschaffenden

Dem massiven Angriff auf die Presse haben die Herausgeber und Journalisten nicht viel entgegenzusetzen. Der zu Beginn des Jahres 2001 gegründete Verein der Journalisten kann außer Protesterklärungen kaum etwas ausrichten.

Unter diesen Umständen müssen Journalisten, die sich nicht der Selbstzensur unterwerfen wollen und auf die Veröffentlichung ihrer Positionen bestehen, oft mit negativen Konsequenzen rechnen, d.h. mit juristischer Verfolgung, Verhaftung oder hohen Geldstrafen. Der andere Ausweg ist die Flucht ins Ausland, von wo aus es manchen Journalisten bisweilen gelingt, über das Internet den Kontakt zu ihrer Leserschaft wiederherzustellen.

Viele umgehen die rigiden Pressegesetze durch die Zuflucht ins Internet. Sie richteten sich verschiedene Webseiten ein, über die sie versuchen, ihr Publikum mit Informationen und Meinungen zu erreichen.

Kontrolle der Online-Medien

Wie kaum anders zu erwarten, reagierte die Regierung auf diesen Versuch jedoch mit der Blockade und dem Filtern von Webseiten und Internet-Service-Providern (ISPs), der Schließung von bestimmten Internet-Cafés und der Bestrafung ihrer Betreiber. Einige wurden sogar zu öffentlichen Geständnissen der ihnen unterstellten, angeblichen "Vergehen" gezwungen.

In dem im November 2001 erlassenen Gesetz wird beispielsweise die Tätigkeit jedes privaten ISP-Betreibers von einer staatlichen Genehmigung abhängig gemacht. Diese Genehmigung wird jedoch nur denjenigen Bewerbern erteilt, die sich dazu bereit erklären, Filter für den Empfang von Webseiten und E-Mails einzurichten.

Darüber hinaus ist der Abschluss von Verträgen zwischen Kunden und Internet-Service-Providern nur unter der Bedingung möglich, dass die persönlichen Daten des Kunden sowie dessen zugewiesene IP-Nummer an das Ministerium für Information und Kommunikationstechnologie geschickt werden. Erst wenn die Behörde ihr Einverständnis gibt, und der Kunde eine schriftliche Einwilligung abgegeben hat, keine "unislamischen" Internetseiten zu besuchen, kann der Vertrag abgeschlossen werden.

​​Ferner müssen die Betreiber von Internet-Cafés die Personalien, die Nutzungszeit und die IP-Adresse der Computer, an denen ihre Kunden arbeiten, notieren, damit die Behörden herausfinden können, wer wann welche Internetseiten besucht hat. Halten sich die Betreiber der Internet-Cafés nicht an diese Vorgaben, droht ihnen zumindest die Schließung ihrer Räume.

In den darauf folgenden Jahren folgten weitere Schritte zur Überwachung der Internetnutzung. 2004 wurde eine Kommission zur Überwachung iranischer Internetseiten eingerichtet, welche die Schließung bestimmter Seiten anordnen lassen kann. Gegen Ende des Jahres 2006 schrieb das Ministerium für islamische Führung ("Ershad") den Betreibern von Internetseiten vor, sich innerhalb einer Frist von zwei Monaten registrieren zu lassen. Den Zuwiderhandelnden drohte man mit dem Filtern ihrer Webseiten.

Weblogs als alternative Lösung?

Zwar wurden durch diese Maßnahmen vielen Webseitenbetreiber die Möglichkeiten genommen, Informationen und Meinungen via Internet zu verbreiten, dennoch bleibt ihnen die Möglichkeit, dies auch durch Weblogs zu ersetzen. Diese Internet-Tagebücher bieten den Nutzern zahlreiche Vorteile, denn sie sind recht einfach zu erstellen, kosten nichts, sichern die Anonymität des Verfassers und sie sind nicht so einfach zu kontrollieren, wie die normalen Webseiten.

Natürlich steht diese Möglichkeit nicht nur den Journalisten zur Verfügung, sondern insbesondere jungen Menschen. Und wie weit diese Möglichkeit von der jüngeren Generation im Iran in Anspruch genommen wird, zeigt die beeindruckende Zahl der aktiven persischsprachigen Weblogs, die 2006 auf 75.000 bis 100.000 geschätzt wurde.

Inhaltlich sind diese Webseiten und Blogs sehr vielfältig ausgerichtet. Vor allem Tabu-Themen, Informationen über Politik, Sex, Philosophie, Frauen, Literatur, Musik, Bücher sowie über persönliche Angelegenheiten und Beschwerden kommen darin offen zum Ausdruck – womit sie allein mit dieser Vielfalt das Meinungsmonopol der Herrschenden aufbrechen.

Stellt man sich aber die Frage, wieweit diese auch demokratiestiftend wirken können, so muss die Antwort differenzierter ausfallen. Denn je weniger die Weblog-Betreiber Monologe führen, je mehr sie gesellschaftlich relevante Themen zur Diskussion stellen und somit die Kommunikation zwischen verschiedenen Ansichten fördern, kann ihre Wirkung im Sinne der Demokratie als positiv bewertet werden.

Bei der Erörterung dieser Frage sollte auch die Tatsache in Betracht gezogen werden, dass das Internet nicht nur von Freunden der Demokratie benutzt wird, sondern ebenso von ihren Feinden, wie z.B. von den in Iran herrschenden Fundamentalisten.

Asghar Schirazi

© Qantara.de 2007

Qantara.de

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