Afghanistan: Tödlichstes Erdbeben seit 20 Jahren Am Abend des 21. Juni hat ein heftiges Erdbeben die afghanisch-pakistanische Grenzregion erschüttert. Es soll mindestens 1000 Tote geben. Die Rettungsarbeiten in dem abgelegenen bergigen Terrain gestalten sich schwierig. Von Ines Eisele (Text) In Schutt und Asche gelegt: Nach Angaben der Taliban-Regierung in Kabul gibt es nach dem verheerenden Erdbeben mindestens 1000 Todesopfer und 600 Verletzte in den östlichen Provinzen Paktika und Chost. Die Opferzahlen könnten in den kommenden Tagen noch deutlich steigen, da einige Dörfer sehr abgelegen sind und die Behörden von dort noch wenig Informationen haben. "Es werden Massengräber ausgehoben": Bewohner der Provinz Paktika bergen Verletzte aus den Trümmern. Ein Mann namens Kowsar, der seinen Vater verloren hat, schildert der DW am Telefon: "Es war ein Uhr morgens, als wir durch starke Erschütterungen aufgewacht sind. Alles war unter Staub begraben." Es würden Massengräber ausgehoben und Leichen darin verscharrt, erklärt er. Und: "Wir brauchen dringend Lebensmittel und Unterkünfte." Rettung unter erschwerten Bedingungen: Mehrere Hubschrauber wurden in die Unglücksregion geschickt, um den Menschen zu helfen. Allerdings verfügt Afghanistan nur über wenige funktionstüchtige Flugzeuge und Hubschrauber. Daher ist eine schnelle Katastrophenhilfe in dem krisengebeutelten Land schwierig. Außerdem ist der Osten Afghanistans an der Grenze zu Pakistan abgelegen und bergig, was die Rettungsarbeiten zusätzlich erschwert. Herausforderung für die Taliban-Mitarbeiter des "Roten Halbmonds" vor Ort: Die militant-islamistischen Taliban, die seit August 2021 wieder Afghanistan beherrschen, haben Hilfsorganisationen um Unterstützung gebeten, "um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern". Die Rettungsaktion könnte sich als wichtiger Test für das Taliban-Regime erweisen, das wegen Sanktionen von einem Großteil der internationalen Hilfe abgeschnitten ist. Tödliche Geologie: Große Teile Südasiens sind seismisch aktiv, weil dort zwei tektonische Platten, die indische und die eurasische, aufeinandertreffen. Erdbeben sind in Afghanistan und vor allem in der Bergkette Hindukusch deshalb keine Seltenheit. Wegen der mangelhaften Bausubstanz vieler afghanischer Häuser sind die Schäden oft verheerend. Pakistan will helfen: Ein Krankenwagen vor dem Haus einer Familie in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion. Auch in weiten Teilen des Nachbarlandes Pakistan waren die Erschütterungen durch das Erdbeben spürbar, es gab jedoch keine unmittelbaren Berichte über Schäden oder Todesopfer. Pakistans Premier Shehbaz Sharif drückte im Internet seine Betroffenheit aus und stellte Hilfe für die Menschen in Afghanistan in Aussicht.