Afghanistans "Banksys" erobern Kabul Eine afghanische Künstlergruppe besprüht Wände von Regierungsgebäuden, Geschäften und Botschaften in Kabul mit Graffitis. Manchmal sogar mit Hilfe der Einwohner. Monica Bernabé war in Kabul unterwegs. Street-Art in Afghanistans Hauptstadt: Es sind die Wände der Reichen und Mächtigen, die sich "Afghanistans Banksys" aussuchen. Denn wie ihr Vorbild, der berühmte Graffiti-Künstler aus Großbritannien, haben die afghanischen Aktivisten eine Botschaft. Ihre Bilder thematisieren die sozialen Probleme des Landes nach fast vier Jahrzehnten Krieg. Graffitis für alle: Hier helfen Bürger beim Ausmalen einer Vorlage von "Afghanistans Banksys", deren eigentlicher Name "ArtLords" lautet. Der Name spielt auf die immer noch zentrale Rolle der Warlords in der afghanischen Gesellschaft an. Bislang gibt es kaum Graffitis in der Stadt. "Als wir den Leuten erzählten was wir machen, waren sie total begeistert", sagt Omaid Sharifi, einer der Projektgründer. Macht, Korruption und Lügen: Viele Werke der "ArtLords" zeigen überlebensgroße Augen, die von Wänden auf Fußgänger und Verkehr blicken. Manche senden Nachrichten: "Korruption lässt sich nicht verbergen, weder vor Gottes Augen noch vor dem Volk", heißt es etwa. Laut "Transparency International" zählt Afghanistan zu den korruptesten Ländern der Welt. Ein Grund für die Künstler, die Vetternwirtschaft immer wieder anzuprangern. Klare Botschaften: "Vater, woher hast Du das Geld für das neue Auto?", fragt dieser Junge. "Unser Ziel ist es, Zweifel zu säen und die Afghanen zu ermutigen, Dinge zu hinterfragen", erklärt Sharifi. Ihr erstes Bild setzten die Künstler auf die Wände des afghanischen Bildungsministeriums. Dort werden immer wieder Gelder in nicht existierende Projekte gelenkt, die dann in den Taschen der Beamten landen. Flucht aus Afghanistan: Jeder fünfte Flüchtling, der im Jahr 2015 nach Europa kam, floh aus Afghanistan. Seit dem Rückzug der internationalen Streitkräfte Ende 2014 verschlechterte sich die Sicherheitslage in Afghanistan dramatisch. Seitdem mehren sich die Attentate der radikalislamischen Taliban, die wieder einige Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht haben. Auf der Nehmerseite: Die EU und die afghanische Regierung unterschrieben im Oktober ein Abkommen zur Rückführung von Flüchtlingen. Afghanistan verpflichtet sich darin, eine unbegrenzte Zahl der Geflohenen wieder aufzunehmen. Im Gegenzug zahlt der Westen in den nächsten vier Jahren über vier Milliarden Euro Entwicklungshilfe an das Land. Niedergang der Kriegswirtschaft: Afghanistans Wirtschaft wuchs in den vergangenen Jahren fast ausschließlich aufgrund der internationalen Schutztruppe. Nach deren Abzug verschwanden die Jobs und Geschäfte, die sich um die ausländischen Militärs gebildet hatten. Nach Angaben der Weltbank verzeichnete die afghanische Wirtschaft im Jahr 2015 nur noch ein Wachstum von knapp 1,5 Prozent. Die Last mit der Bildung: Die Alphabetisierungsrate in Afghanistan zählt zu den niedrigsten der Welt. Laut Schätzungen der UNESCO kann nur jeder dritte erwachsene Afghane lesen und schreiben. Zwar wurde das öffentliche Schulsystem stark ausgebaut, allerdings fehlt es an qualifizierten Lehrkräften, ausreichend Schulbüchern und sicheren Schulgebäuden.