Gerbereien in Marokko - die bunte, schmutzige Zunft Wer einmal eine Lederfabrik besichtigen möchte, kann sich in der Stadt Fès das Gerberviertel anschauen. Für Touristen ist die alte Zunft faszinierend - für die Arbeiter höchst anstrengend. Stadt in der Stadt und Balkon mit Aussicht: In der Altstadt von Fès können Touristen einen Blick ins Innere der weltberühmten Lederfabrik Chouara werfen: Mitten in der Stadt wird hier wie seit Jahrhunderten üblich gearbeitet - mit natürlichen Materialien und vollem Körpereinsatz. In unzähligen Gruben wird das Leder gesäubert, eingeweicht und gefärbt. Etwa ein Jahr dauert es, bis aus Tierhaut Leder geworden ist. Bunte Tradition: Lederwaren sind ein beliebtes Urlaubsmitbringsel aus Marokko. In vielen der engen Suqs in den Altstädten reiht sich ein Ledergeschäft an das nächste. Doch auch bei den Lederfabriken kann man die bunt gefärbten Schuhe, Gürtel, Taschen und Co. erwerben. Dort werden Tierhäute noch immer nach alter Tradition be- und verarbeitet. Entsprechend hart sind die Arbeitsbedingungen in den Gerbereien. Schöner Gestank: Wie ein riesiger Farbmalkasten muten die gefüllten Lehmbecken in der Chouara-Gerberei von oben gesehen an. Doch das Foto täuscht. Was für das Auge farbenfroh ist, ist für die Nase von strengem Geruch. Der kommt vor allem von der verarbeiteten Vogelmistbeize. Touristenführer bieten deshalb Pfefferminz-Zweige an, die man sich unter die Nase halten kann. Ein Holzrad als Hilfe: Ein Arbeiter stapelt Pelze auf einer Mauer, ein anderer reinigt sie im Becken: In Marokko hat das Lederhandwerk Tradition. Fast zwei Milliarden Quadratmeter Leder werden jedes Jahr verarbeitet, meist sind es Reste aus der Lebensmittelindustrie. Die Chouara-Geberei ist dennoch etwas Besonderes: Von vielen Reiseführern empfohlen, liegt sie mitten in der Altstadt von Fès. Barfuß im Kuh-Urin: Ohne Schutzkleidung schuftet dieser Arbeiter im Bottich. Er knetet das Lederstück in der Lauge solange, bis es weich genug ist. In der Chouara-Gerberei in Fès wird noch mit alten Methoden und Zutaten gearbeitet, wie Rinderurin und Taubenkot. Moderne Gerbereien nutzen dagegen Chemikalien. Schlecht für die Umwelt: Denn die Giftstoffe landen anschließend im Flußbecken. Lederplanen mit Katze: Wie Fetzen hängen diese Tierhäute an den schmutzigen Wänden der Häuser im Gerber-Viertel von Fès. Sie müssen nach dem Gerben in der Sonne trocknen, bevor sie weiter verarbeitet werden können. Das Jahrtausende alte Handwerk in der Lederfabrik Chouara ist berühmt - und sogar UNESCO-Weltkulturerbe. Mit bloßen Händen: Gerben ist viel Handarbeit. Die Häute werden zunächst für ein paar Tage in Gefäßen voller Rinderurin, Kalk, Wasser und Salz eingeweicht, bevor sie getrocknet werden. Anschließend werden sie erneut in Laugen eingeweicht und getrocknet. Gefärbt wird - zumindest in der Geberei Chouara in Fès - mit natürlichen Zutaten wie etwa Safran, Indigo und Mohn. Arbeit in der Hocke: Wird das mal eine knallgelbe Handtasche? Zwei Arbeiter ziehen eine gefärbte Tierhaut auf dem Boden straff, um sie zu trocknen. Für die Touristen ist der Anblick des alten Handwerks interessant und von nostalgischem Reiz; für die Gerber ist der Alltag in Schmutz und Gestank jedoch harte Arbeit. Die hygienischen Bedingungen sind schlecht. Arbeiten bis zum Umfallen: Ein Leben für die Lederfabrik: Seit rund sechzig Jahren arbeitet dieser Marokkaner in Gerbereien. In der Chouara-Gerberei in Fès ist er mit 80 Jahren der Älteste. Viele marokkanische Familien sind auch auf das Einkommen der Alten angewiesen. Auf der anderen Seite liegt die Jugendarbeitslosigkeit in den Städten bei über 30 Prozent.