Große Kinonation Iran Gleich bei zwei deutschen Filmfestivals stehen derzeit Regisseure aus dem Iran im Blickpunkt. Hamburg und Nürnberg zeigen Filme, die trotz Zensur und Repressalien entstanden sind. Von Jochen Kürten Ein Fenster zur Welt aufstoßen - Jafar Panahi: Filmregisseure aus dem Iran stehen derzeit wieder im Fokus der Weltöffentlichkeit. Jafar Panahi ist in Teheran seit längerem unter Hausarrest. Trotzdem konnte er den Film "Geschlossene Vorhänge" (im Bild) realisieren. Bei der Berlinale im Februar gab es dafür einen Silbernen Bären. Auch Panahis Film wird gerade innerhalb der Reihe "Iran Deluxe" beim Filmfest in Hamburg gezeigt. Brisante Premiere: Trotz Repressalien in Zeiten des Schah-Regimes und der religiös dominierten Regierungen nach 1979: Die Regisseure schaffen es immer wieder, herausragende Filme zu drehen. Auf großes Interesse stieß die Deutschlandpremiere "Manuscripts Don't Burn" von Mohammad Rasoulof über ein System der Überwachung und Einschüchterung. Beim Filmfest in Hamburg wurde er als bester politischer Film ausgezeichnet. Bewegende filmische Studien: Innerhalb der Retrospektive war auch ein frühes Werk des bekanntesten iranischen Regisseurs Abbas Kiarostami zu sehen. In seinem Film "The Traveller" von 1974 erzählt Kiarostami die Geschichte eines jungen Fußballfans, der unbedingt nach Teheran fahren will, um das Spiel seiner Mannschaft im Stadion mitzuerleben. Kiarostami setzte auf Laien und Kinderdarsteller - typisch für das Kino des Iran. Konflikte mit Behörden: Auch der Film "Still Life" von Regisseur Sohrab Shahid Saless (1974) ist eine eindrucksvolle Studie über die Sorgen und Nöte einfacher Menschen. In langen und ruhigen Einstellungen erzählt Saless vom Leben eines Bahnwärters in der ländlichen Provinz. Eines Tages verliert er seinen Job. Das bisher schon harte Leben wird nun noch schwerer. Der Film ist eine Anklage gegen Armut und soziales Elend. lick auf soziale Brennpunkte: In Hamburg sind sowohl Filme zu sehen, die während des Schah-Regimes entstanden, als auch Werke aus der Zeit nach 1979. "The Runner" (1985) von Amir Naderi war der erste Film, der nach der islamischen Revolution im Ausland zu sehen war. Der Zuschauer erlebt den Alltag eines 13-jährigen Kriegswaisen in einer iranischen Hafenstadt. Ein erschreckendes Bild von Armut und Tristesse. Der Krieg mit Irak im Kino: Regisseur Bahram Beyzai griff 1986 ein heikles Thema auf: den Iran-Irak-Krieg, der damals noch andauerte. In seinem Film "Bashu, the little Stranger" erzählt der Regisseur von einem zehnjährigen Jungen, der seine Familie verliert und durch das Land irrt. Anfänglich förderte das iranische Regime den Film noch. Doch er stellte sich als zu kritisch heraus. Daraufhin verbot die Zensur das Werk. Kritik an der prekären Wirtschaftslage: Auch der Film "The Need" (1991) von Alireza Davood Nejad ist ein erstaunliches Beispiel für den schonungslosen Umgang iranischer Regisseure mit der sozialen Wirklichkeit. Zwei junge Männer ringen um einen Ausbildungsplatz. Auch "The Need" greift auf jugendliche Darsteller zurück. Auch dies ein Film, der abseits nationaler Ideologien und Propaganda ein Bild des wahren Lebens der Menschen zeigt. Iranisches Kino auch in Nürnberg: Das mutige iranische Kino kann man derzeit nicht nur in Hamburg bewundern. Auch in Nürnberg, wo das Internationale Filmfestival für Menschenrechte stattfindet, steht der Iran im Fokus. Filme wie "Fire under the Ashes" werfen einen Blick auf das aktuelle politische Klima im Land. Als Schirmherr des Festivals sollte eigentlich Regisseur Mohammad Rasoulof agieren. Doch der sitzt in Teheran fest.