Jahresrückblick 2013: Ägyptens innere Zerreißprobe Hunderte Tote, Massendemonstrationen im ganzen Land, immer neue Gewaltausbrüche: Seit Ägyptens Präsident Mursi Anfang Juli abgesetzt worden ist, stehen sich seine Gegner und Anhänger unversöhnlich gegenüber. Hunderte Tote, Massendemonstrationen im ganzen Land, immer neue Gewaltausbrüche: Seit Ägyptens Präsident Mursi Anfang Juli abgesetzt worden ist, stehen sich seine Gegner und Anhänger unversöhnlich gegenüber. Trotz internationaler Kritik setzt die Militärregierung auf Härte gegen die Muslimbrüder, die die Wiedereinsetzung Mursis verlangen. Eine Chronologie der Ereignisse des Jahres 2013. Die Wirtschaft liegt am Boden: Die Touristen bleiben aus, die Läden bleiben voll. Ägyptens Währung befindet sich im freien Fall. Präsident Mohammed Mursi fehlt Anfang des Jahres ein Konzept, um die marode Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Stattdessen führen die Muslimbrüder Debatten über die Rolle des Islam im Staat. Die Bevölkerung wirft ihnen vor, sich in ihren Machtbestrebungen nicht vom alten Regime zu unterscheiden. Der 25. Januar 2013: Die Opposition ruft zu landesweiten Protesten unter dem Motto "Brot, Freiheit, soziale Gerechtigkeit" auf. Dem Aufruf folgen am zweiten Jahrestag der Revolution Tausende Ägypter. Sie demonstrieren vor allem gegen Präsident Mursi von den Muslimbrüdern und die neue Verfassung. Außerdem fordern sie eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Vor dem Präsidentenpalast: Die Demonstrationen reißen nicht ab. Am Jahrestag von Mubaraks Absetzung, am 11. Februar, liefern sich Regierungsgegner Straßenschlachten mit der Polizei, die Tränengas gegen die Demonstranten einsetzt. Die Proteste richten sich auch gegen das Innenministerium. Die Menschen werfen Mursi vor, seine Polizisten griffen zu den gleichen brutalen Methoden wie einst unter Mubarak. Der falsche Gouverneur: Präsident Mursi ernennt Adel al-Chajat zum Gouverneur von Luxor. Er soll die Touristenstadt in die Zukunft führen - so will es der Präsident. Chajat ist allerdings führendes Mitglied der Islamisten-Gruppe Gamaa al-Islamiya, die als Drahtzieherin des Massakers in Luxor von 1997 mit 62 Toten gilt. Die Bevölkerung schreit auf. Mehrere Minister treten zurück. Im Juni schließlich auch Chajat selbst. Die Tamarod-Kampagne beginnt: Mitte April wird die Bewegung Tamarod (Rebellion) geboren: Junge Aktivisten wollen Mohammed Mursis Rücktritt mit einer Unterschriftensammlung erzwingen. Der Stichtag für die Rebellion ist der 30. Juni, der erste Jahrestag von Mohammed Mursi als Präsident Ägyptens. Dann wollen die Aktivisten gemeinsam mit ihren Anhängern vor dem Regierungspalast in Kairo aufmarschieren. Der Tag des Aufstandes: Sie zeigen ihm die Rote Karte. Tausende Mursi-Gegner versammeln sich am 30. Juni auf dem symbolträchtigen Tahrir-Platz in Kairo und vor dem Präsidentenpalast. 15 Millionen Unterschriften hat die Tamarod-Bewegung eigenen Angaben zufolge gesammelt. Die Demonstranten verlangen Neuwahlen. Gefolgsleute von Präsident Mursi verteidigen ihn gegen die Kritik. Der gestürzte Präsident: Nach tagelangen Protesten setzen Ägyptens Streitkräfte am 3. Juli Präsident Mursi ab und stellen ihn unter Hausarrest. Armeechef Abdel Fatah al-Sisi setzt die Verfassung außer Kraft und ernennt Adli Mansur zum Präsidenten. Zehntausende brechen in Jubel aus, Mursis Anhänger greifen daraufhin das Gebäude der Sicherheitskräfte an. Mursi sei einem Militärputsch zum Opfer gefallen, sagen sie. Gefechte gehen weiter: In ganz Ägypten protestieren die Menschen für und gegen die Absetzung Mursis. Am 8. Juli kommt es vor dem Sitz der revolutionären Garde in Kairo zu schweren Zusammenstößen: Mehr als 50 Mursi-Anhänger werden getötet. Über den Hergang gibt es widersprüchliche Angaben. Die Armee berichtet von einem Angriff einer "terroristischen Gruppe". Die Muslimbrüder sprechen von einem Massaker. Armee wird politische Kraft: Der frühere Finanzminister Hasem al-Beblawi wird zum vorläufigen Regierungschef ernannt. Am 16. Juli legt das neue Kabinett seinen Amtseid ab. Die Muslimbrüder sind nicht an der Regierung beteiligt. Dafür nimmt aber das Militär eine starke Rolle ein: General Abdel Fattah al-Sisi (Bild), der für die Absetzung Mursis verantwortlich ist, wird Beblawis Stellvertreter. Camps für den Ex-Präsidenten: Mursis Anhänger errichten Protestcamps. Als Sicherheitskräfte der Armee und Polizei diese stürmen, kommen im August Hunderte Menschen ums Leben. Die Muslimbruderschaft spricht von 2.200 Toten. Auch zwischen Muslimen und Kopten kommt es zu Ausschreitungen. Die Armee ruft den Ausnahmezustand aus und verhängt eine nächtliche Ausgangssperre. Beides wird erst im November wieder aufgehoben. Vermittlung gescheitert: Die Vermittlungsversuche der EU - in Person von Catherine Ashton - und der USA zwischen der Armee und den Muslimbrüdern scheitern. Die internationale Kritik an der Militärführung wird wegen der andauernden Gewalt schärfer. Mursi sitzt weiterhin in Untersuchungshaft. Er soll die Tötung von Demonstranten zu verantworten haben und 2011 bei Angriffen auf die Polizei mit der Hamas kooperiert haben. Ausländer als Sündenböcke: Währendessen eskaliert die Gewalt auf der Sinai-Halbinsel. Die Armee macht militante Palästinenser dafür verantwortlich. Es heißt, die Hamas sichere die Grenze zum Gazastreifen nicht ausreichend. Eine Welle der Ausländerfeindlichkeit überflutet Ägypten: Das Militär behauptet, die Muslimbrüder hätten syrische Flüchtlinge und Palästinenser dafür bezahlt, auf Mursi-Gegner und das Militär zu schießen. Geld als Druckmittel: Das Militär verbietet die Muslimbrüder. Da die neue Führung in Kairo nach Ansicht der Amerikaner keinen politischen Ausgleich zwischen den verfeindeten Lagern sucht, um die Lage zu entspannen, kündigen die USA an, Finanz- und Militärhilfen für Ägypten zu kürzen. 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe bekommt Ägypten pro Jahr. Man ließe sich nicht erpressen, hieß es daraufhin von der Führung in Kairo. Umstrittenes Denkmal: Im November errichtet das Militär ein Denkmal auf dem Tahrir-Platz zur Erinnerung an die Menschen, die bei Kämpfen zwei Jahre zuvor umkamen. Damals forderten die Demonstranten den Rückzug der Armee aus der Politik. Als ironisch bezeichnen Aktivisten das Denkmal. Es wurde bereits demoliert. Schon bald soll über die Verfassung abgestimmt werden, Parlamentswahlen sind für das Frühjahr 2014 angesetzt. In den Untergrund verbannt: Die Übergangsregierung erklärt Ende Dezember die Muslimbrüder zur Terrororganisation, nachdem sie fast alle Führungsmitglieder verhaftet hat. Ihnen wird die Tötung von Demonstranten, Landesverrat und Terrorismus vorgeworfen.