Libanon: "Make Food Not War!" Dem Bürgerkrieg vergangener Jahre zum Trotz kämpft sich Beirut zu alter Schönheit zurück. Dabei helfen auch Gastronomen wie Kamal Mouzawak. Er bringt die Verständigung zwischen den Kulturen und Religionen auf den Tisch. Eindrücke von Michael Marek Guten Appetit! In einem Land, das sich über Jahrzehnte hinweg an ethnischen und religiösen Fronten bekämpft hat, ist Kochen und Essen ein erster Schritt, die Barrieren zu überwinden, meint Mouzawak. Schließlich bringe Essen die unterschiedlichsten Leute zusammen. Deshalb lautet Mouzawaks Motto: Essen statt Krieg! Äpfel und Frieden: Kamal Mouzawak hat von der Bürgerkriegsgeschichte seines Landes die Nase voll. Der 48-jährige großgewachsene Tausendsassa ist so etwas wie ein Friedensaktivist. Der Sohn eines Bauern und Mitbegründer der internationalen Slow Food-Bewegung hat zwischen Corniche und Downtown ein besonderes Restaurant eröffnet. Zu Tisch: "Tawlet" bedeutet Tisch. Das Restaurant ist mehr als nur ein Gaumentempel. Es gehe darum, gemeinsam am Küchentisch zu sitzen und zu essen "wie bei Muttern", sagt Mouzawak, der früher als Journalist und Fernsehkoch gearbeitet hat. Wechsel am Herd - das Konzept: Jeden Tag kocht eine Frau die typischen Gerichte ihres Dorfes oder ihrer Stadt - sechsmal pro Woche eine von 50 Frauen aus einer anderen Region des Landes. Darunter nicht nur Libanesinnen, sondern auch Palästinenserinnen, Syrerinnen - Flüchtlingsfrauen. Männer in der Nebenrolle: Warum nur Frauen im Restaurant kochen, dafür hat Kamal Mouzawak eine einfache Erklärung: "Männer mögen es, aus dem Kochen eine Show zu machen!" Bei Frauen sei das anders, "sie sind so geschickt und intelligent, ihre Familie jeden Tag aufs Neue mit Essen zu versorgen." Auf dem Souk el Tayeb: Begonnen hatte alles 2004, als Mouzawak einen wöchentlichen Bauernmarkt im Zentrum Beiruts organisierte, den Souk el Tayeb. Am Anfang wurde er für das Projekt belächelt, heute ist der Markt eine Institution: Ökologische Produkte aus verschiedenen Regionen werden direkt vermarktet. Frisch und fruchtig: Mehr als 100 Bauern und Produzenten aus dem gesamten Libanon bieten ihre Produkte feil: Obst, Gemüse, frische Säfte und Pasten kommen von den Erzeugern aus der Umgebung Beiruts, von der fruchtbaren Bekaa-Hochebene die Milch und Käsespezialitäten, von der Küste der Fisch und aus dem Süden Eingemachtes und Honig. Vielfalt verbindet: Muslime, Christen, Palästinenser und Drusen bauen jeden Samstag ihre Stände nebeneinander auf - friedlich und mit dem gleichen Ziel: ihre selbst produzierten Lebensmittel zu verkaufen. Kochen, um zu überleben: Unter dem Namen "Ayatab Zaman" (Köstliche Vergangenheit) hat Mouzawak zudem eine Initiative für syrische Flüchtlingsfrauen ins Leben gerufen: Sie kochen traditionelle Gerichte ihrer Heimat und verdienen damit Geld, das ihre Familien zum Leben dringend benötigen. Unterstützt wird das Projekt unter anderem vom UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen.