Orthodoxes Weihnachtsfest in Istanbul
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Gemäß dem julianischen Kalender, der von vielen orthodoxen Kirchen benutzt wird, fällt das Weihnachtsfest nicht wie im gregorianischen Kalender auf den 25. Dezember, sondern auf den 6. Januar, wo es zusammen mit der Taufe Christi gefeiert wird. -
Zwar ist der ökumenische Patriarch von Konstantinopel als "primus inter Pares" unter den Patriarchen der orthodoxen Kirchen nominell das Oberhaupt von 350 Millionen Christen, doch hat er tatsächlich keine Autorität außerhalb einiger kleiner Diözesen, die ihm direkt unterstellt sind. -
Seit den Pogromen gegen die Griechen 1955, nach denen die große Mehrheit der Christen aus Istanbul fortzog, leben im direkten Umkreis des Patriarchats auf der historischen Halbinsel der türkischen Metropole nur noch wenige tausend griechisch-orthodoxe Christen. -
Der Patriarch residiert seit Jahrhunderten im Stadtteil Fener am Goldenen Horn umgeben von kleinen Gassen voll charmanter Cafés und Restaurants, die bei westlichen Touristen beliebt sind – auch wenn heute nur noch wenige Ausländer nach Istanbul kommen. -
Fener liegt inmitten des Bezirks Fatih, der als einer der konservativsten Stadtteile Istanbuls bekannt ist. Um die prachtvolle Moschee von Fatih prägen tief verschleierte Frauen und Männer in traditionellen Pluderhosen und langen Gewändern das Straßenbild. -
Die Stellung von Bartholomäus I. ist seit langem prekär, und seine Beziehungen zum türkischen Staat sind von Spannungen geprägt. Islamisten wie türkischen Nationalisten ist die andauernde Präsenz des Patriarchen von Konstantinopel ein Dorn im Auge. -
Trotz jahrzehntelanger Bemühungen zur Wiedereröffnung des Priesterseminars auf den Prinzeninseln im Marmara-Meer bleibt die theologische Schule weiter geschlossen, so dass es dem Patriarchat schwer fällt, seinen Priesternachwuchs heranzubilden. -
Bei dem dreistündigen Gottesdienst waren die Gläubigen kaum zahlreicher als die Polizisten, die wegen der Gefahr von Anschlägen in Istanbul die St. Georgs Kirche weiträumig abgeriegelt hatten und alle Besucher einer genauen Kontrolle unterzogen. -
Nachdem ein islamistischer Attentäter in der Silvesternacht im berühmten Nachtclub Reina 39 Menschen erschossen hatte, ist die Stimmung in der Türkei gedrückt, die seit dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli ohnehin so tief gespalten ist wie selten zuvor. -
Das Weihnachtsfest in Fener endete aber auf einer heiteren Note: Wie jedes Jahr fand am Ufer des Goldenen Horns unterhalb des Patriarchats die traditionelle Wasserweihe statt, bei der Bartholomäus I. einen besonderen Segen über dem Wasser ausspricht. -
Zum Ende der Zeremonie stürzte sich eine Gruppe junger Männer ins eiskalte Wasser des Meeresarms... -
...um ein goldenes Kreuz aus den Fluten zu fischen, das der Patriarch hineingeworfen hatte. Die meisten der furchtlosen Freiwilligen waren dieses Jahr extra aus Griechenland angereist. Gemäß der Tradition erhält derjenige, der das Kreuz aus dem Wasser birgt, besonderen Segen.
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