Queere Kunst aus der Türkei Während die Spannungen zwischen der Türkei und Europa zunehmen, beleuchtet eine Ausstellung des Berliner Schwulen Museums die transkulturellen Verbindungen zwischen den queeren Gemeinden von Berlin und Istanbul. Jan Tomes hat sich dort umgesehen. Aktivismus auf Stöckelschuhen: Fatma Souad ist eine der berühmtesten Drag Queens aus Berlin-Kreuzberg. Sie ist bekannt für ihre Smokey Eyes, ihre kirschfarbenen Lippen und ihr dichtes, gewelltes Haar. So porträtiert sie auch der Künstler und Tänzer Cihangir Gümüştürkmen. In den 1990ern hat Fatma Souad in Berlin die Party-Reihe "Gayhane" für homosexuelle Migranten ins Leben gerufen. Sex und Gewalt: Erinç Seymen sieht Ähnlichkeiten zwischen SM-Praktiken und staatlicher Unterdrückung. In seinen Zeichnungen zeigt er, wie aus Schmerz Lust wird - und Lust zu Schmerz. Er verbindet das, was er in der schwulen Szene rund um Berlins Nollendorfplatz aufschnappt, mit Symbolen für Repression und Widerstands - und Schmetterlingen. In der Kunst symbolisieren sie die menschliche Seele. Fliegender Teppich oder Sexschaukel? Als Kind ging Viron Erol Vert jeden Tag zur Schneiderei seiner Tante in einer Einkaufspassage in Istanbul. Als Teenager entdeckte er direkt daneben ein Sexkino. Das inspirierte ihn dazu, "İnci Pasajı" zu kreieren - eine Hängematte aus einem gewebten Teppich mit Lederriemen an den Seiten. Sein Kunstwerk ist eine Kreuzung aus Sexspielzeug und fliegendem Teppich. Türkische Hochzeit: Dieses Kunstwerk von Yeşim Akdeniz bezieht sich auf ein türkisches Hochzeitshaus in der Nähe der Berliner U-Bahnstation Bülowstraße. Die Gemälde, auf denen Sakkos mit Krawatten und Einstecktüchern dargestellt sind, dokumentieren türkische Hochzeitstraditionen. Gleichzeitig regen sie an, über Geschlechterrollen nachzudenken. Wer steckt wohl in den Anzügen? Madame Butterfly: Die kurdische Künstlerin Mehtap Baydu beschreibt ihre Performance "Cocoon" als "Rekonstruktion des Körpers durch queeren Widerstand". Sie bat jeden Mann, den sie in Deutschland traf, nach einem Hemd. Aus den Hemden spann sie einen Faden. Während der Verfilmung ihrer Performance in der documenta-Halle in Kassel 2015 strickte sie aus dem Faden einen Kokon um sich herum, in dem sie dann verschwand. Harte Schale, weicher Kern: Masist Gül war ein legendärer Schauspieler und Bodybuilder. In den 1970er Jahren galt er als hypermaskuliner Archetyp. Das ist ein Mann, der sich mit Härte, Gewalt und einem überkommenen Frauenbild durchs Leben kämpft. Die Ausstellung präsentiert die unterschiedlichen Gesichter Güls, der auch eine weiche, zerbrechliche und einsame Seite hatte. Rose küsst Dildo: Was soll diese aus einem Herrenschuh aufsteigende Plastikrose, die die Spitze eines Keramikdildos küsst, bedeuten? Es ist Nilbar Güreş Interpretation eines lesbischen Orgasmus. Das Kunstwerk spielt mit dem Wort "Sapatao", was auf Brasilianisch so viel bedeutet wie großer Schuh, aber auch Butch. Das ist eine lesbische Frau, die Herrenmode trägt und sich mit männlichen Attributen schmückt.