Sorge um Afghanistans Kulturschätze Die Machtübernahme durch die Taliban ist eine Tragödie für die Menschen in Afghanistan. Auch Mitarbeiter von Museen und Ausgrabungen brauchen Schutz. Von Sabine Oelze Statue Abdul Ali Mazari: Medienberichten zufolge sollen die Taliban die Statue von Abdul Ali Mazari, einem politischen Führer der Minderheit Hazara, gesprengt haben. Mazari wurde posthum 2016 zum "Märtyrer für die Nationale Einheit" erklärt. Eigentlich hatten die Taliban im Februar 2021 erklärt, die Kulturgüter des Landes achten zu wollen. Afghanistan verfügt über bedeutende jahrtausendealte Zeitzeugnisse. Zerstörte Budda-Statuen in Bamiyan: Die Statuen befanden sich an einem der alten Haupthandelswege zwischen China und Südasien. Das Hochtal von Bamiyan, rund 200 Kilometer nordwestlich von Kabul, war ein Zentrum des aus Indien stammenden buddhistischen Glaubens. Mehrere tausend buddhistische Mönche hielten sich im 6. Jahrhundert im Bamiyan-Tal auf. Die Taliban zerstörten sie im März 2001. 14 Jahre danach entstand diese Projektion. Archäologische Ausgrabungen bei Bamiyan: Im Bamiyan-Tal standen nicht nur die berühmten Buddha-Statuen. Die Festungen Shahr¬e¬ Gholghola und Shahr¬e Zohak lagen auf einem strategisch günstigen Berg, von dem aus die vorbeiziehenden Karawanen weithin sichtbar waren und kontrolliert werden konnten. Die Stadt Bamiyan florierte in den letzten Jahren wieder. Wegen der vielen Sehenswürdigkeiten kam auch der Tourismus in Gang. Buddhistische Kunst aus Hadda: Der buddhistische Klosterkomplex von Hadda im Osten Afghanistans, nicht weit von Kandahar entfernt, brachte während der französischen Ausgrabungen in den späten 1930er -Jahren eine reiche Fülle von Skulpturen und Malereien hervor. Viele Abbildungen zeigen lebensnahe Szenen. Im Zuge des afghanischen Bürgerkriegs wurde bereits ein Großteil der archäologischen Stätten von den Taliban zerstört. Zitadelle von Herat: Sie ist eine der größten Zitadellen Zentralasiens und das nationale Symbol Afghanistans. Das sandfarbene Bollwerk mit seinen 18 Türmen überragt die Stadt Herat im Westen des Landes. Es soll bis in die Zeit Alexanders des Großen zurückgehen. Die Festungsanlage wurde vor gut zehn Jahren mit internationalen Hilfsgeldern restauriert - und könnte jetzt schnell zur Zielscheibe der Taliban werden. Mes Aynak: In Mes Aynak legten Forscher auf einem Hügel 40 Kilometer südlich von Kabul die Überreste eines 1500 Jahre alten buddhistischen Klosterkomplexes frei. Hier droht seit Jahren Zerstörung - nicht nur durch die Taliban. Unter den Tempeln und Werkstätten befinden sich Kupferadern, die Minenarbeiter aus China bergen wollen. Der Ortsname Mes Aynak bedeutet: kleines Kupferbecken. Minarett von Dschām: Mit 65 Metern ist es das das zweithöchste Backstein-Minarett der Welt. Es soll an der Stelle errichtet worden sein, wo sich einst die antike Stadt "Firuzkuh", der Hauptstadt der Ghuriden-Dynastie, befand. Eine Inschrift am Turm weist auf seine Erbauung um 1174/5 hin. Immer wieder wurde der Ort von Plünderern heimgesucht. Das Minarett von Dschām steht seit 2002 auf der Liste des Weltkulturerbes. Die Gärten von Babur: Der Bagh-e Babur wurde um 1528 als Parkanlage vom indischen Mogul-Herrscher Babur gegründet. Im Bürgerkrieg der 1990er-Jahre wurde sie verwüstet, danach jedoch durch die Agha-Khan-Stiftung und die Bundesrepublik Deutschland wieder aufgebaut. Zur Anlage gehören eine Karawanserei, ein Palast, ein historischer Pavillon, eine Moschee und das Grabmal Baburs. Sie boten Erholung in der Nähe Kabuls. Shah-Do Shamshira-Moschee: Die Shah-Do Shamshira-Moschee, die "Moschee des Königs der zwei Schwerter", befindet sich in der Innenstadt von Kabul. Sie wurde in den 1920er-Jahren von König Amanullah Khan, der von 1919 bis 1929 regierte, erbaut. Er versuchte, Afghanistan zu modernisieren. Seine Moschee hatte ein ungewöhnliches Design mit mehreren Ebenen und Fassaden im italienischen Neo-Barockstil. Darul-Aman-Palast: Der Palast wurde von Amanullah Khan anlässlich der Unabhängigkeit Afghanistans von der britischen Kolonialmacht 1919 errichtet. Er erinnert an den Reichstag in Berlin. 22 deutsche Ingenieure bauten mit und bildeten dabei einheimische Fachkräfte aus. Nach mehreren Nutzungen wurde es während der 1990er-Jahre im Bürgerkrieg durch Artilleriebeschuss zur Ruine. Erst 2019 wurde er wieder eröffnet. Nationalmuseum Kabul: Die Archive und Ausstellungen des afghanischen Nationalmuseums in Kabul umfassen 80.000 Artefakte. "Wir machen uns große Sorgen um die Sicherheit unserer Mitarbeitenden und die Sammlung", erklärt Museumsdirektor Mohammad Fahim Rahimi in einem Interview mit der Zeitschrift "National Geographic". Bereits 2001 wurde das Nationalmuseum von den Taliban geplündert und teilweise zerstört.