Syrische Flüchtlingskinder lernen fürs Leben Für viele traumatisierte Kinder aus Syrien sind behelfsmäßige Schulen im Libanon von großer Bedeutung. Der Unterricht ist oft das einzige Anzeichen von Normalität im Leben der jungen Schüler. Eindrücke von Amy Leang Endlich wieder Kind sein: Syrische Flüchtlingskinder singen ein Lied in der Karam-Zeitoun-Schule in Beirut, Libanon. Kreative Aktivitäten funktionieren als Therapie für die Kinder. "Sie hören ja die Geschichten ihrer Eltern - sie reden über Krieg, darüber, dass ihre Eltern kein Geld haben. In der Schule können sie einfach sie selbst sein - Kinder", sagt Charlotte Bertal von der französischen NGO, die die Schule verwaltet. Eine zweite Chance: Eine Schülerin blättert durch ihr Englischheft. Das langfristige Ziel ist es, die Kinder auf die öffentlichen libanesischen Schulen vorzubereiten, soweit das finanziell und logistisch möglich ist. "Es ist ein zweites Leben", erzählt die 14-jährige Susanne, die Künstlerin werden will. "Ohne Schule wäre mein Leben nutzlos." Auf sich allein gestellt: Diana, 11, versucht, im Matheunterricht mitzuhalten. "Generell ist es für die Kinder schwierig, weil ihre Familien sie nicht unterstützen können oder ihnen zuhause helfen können. Sie lernen nur in der Schule", sagt Lehrer Nasser Al-Issa, der ebenfalls Flüchtling ist. Schulessen als einzige Mahlzeit: Kinder essen Linsen im Hof der Schule. "Ein Zimmer in diesem Viertel kostet zwischen 400 und 500 Dollar Miete", sagt Pastor Andrew Salameh von der Nazarene Church. Seine Kirche leitet die nicht-konfessionelle Schule ohne politische Verbindungen gemeinsam mit der NGO Yalla! Pour les enfants syriens. "Wenn sie so viel Miete zahlen, haben sie kein Geld mehr für Essen." Die Schule als zweites Zuhause: Wohnhäuser spiegeln sich in einem Klassenraum der Schule. "Die Familien wohnen hier in der Gegend", sagt Pastor Salameh. "Einige Zimmer sind unter der Treppe oder auf Dächern." Kreatives Schreiben: Ashta, 12 Jahre alt, schaut während eines Aufsatzkurses aus dem Fenster. "Schreib-Workshops und kreative Aktivitäten erlauben es uns, die psychologischen Bedürfnisse der Schüler einzuschätzen und ein Kind wenn nötig zu einem Psychologen zu überweisen", erklärt Charlotte Bertal von Yalla! Pour les enfants syriens. Eine verlorene Generation: Haider und Leila (Namen geändert) sitzen mit ihren Kindern an einer Mathe-Hausaufgabe in ihrem Zimmer in Beirut. "Ich habe sie hierher gebracht, weil ich Angst hatte, sie würden nie lernen. Ich möchte, dass sie gebildet sind", sagte Haider, der in Syrien ein Bauer war und jetzt in Beirut jobbt. "Es ist alles ein großer Fehler. Wenn sie keine Lösung finden, wird diese Generation verloren sein." Zeit totschlagen: Der syrisch-armenische Flüchtling Simon, 3, spielt in der winzigen Beiruter Wohnung, die er mit zehn Familienmitgliedern teilt. Flüchtlingskinder, die nicht zur Schule gehen, verbringen oft den ganzen Tag zu Hause vor dem Fernseher oder mit spielen. "Es gibt 400.000 Kinder, aber nur 90.000 gehen zur Schule", sagt Charlotte Bertal. "Das ist ein riesiges Problem, das UN und NGOs angehen müssen." In der Zwickmühle: Mohammed und Ahmed verdienen Geld mit Schuhputzen. Seit 2011 waren sie nicht in der Schule. "Natürlich vermissen wir das", sagt Ahmed. "An der Schule haben sie gesagt, wenn wir als Flüchtlinge registriert sind, nehmen sie uns auf. Aber mein kranker Vater muss zur Behandlung nach Syrien. Wenn er sich registriert, könnte das Regime ihn erwischen. Deswegen können wir nicht in die Schule." Nariman, 7, versucht Taschentücher an die Kunden eines Restaurants in Beirut zu verkaufen. Bevor sie aus Syrien nach Beirut floh, war Nariman in der zweiten Klasse. Sie kriegt die Taschentuchpackungen von ihrem Onkel und soll täglich bis 18 Uhr 12.000 libanesische Pfund (etwa 6 Euro) verdienen. Sie verbringt fast den ganzen Tag ohne Aufsicht auf der Straße. Konzentration fällt schwe: Ein Kind träumt während des Unterrichts an einer Schule, die vor Kurzem von der NGO SAWA for Development & Aid nahe der Grenze zu Syrien in Bar Elias eingerichtet wurde. "Die Kinder haben so viel Angst und Stress hinter sich, dass ihnen alles egal ist", sagt Lehrerin Shams Ibrahim, die selbst aus Damaskus geflüchtet ist.