Vier Jahre danach: Ägyptens zerstörte Hoffnung Nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak und dem Putsch gegen seinen Nachfolger, den Muslimbruder Mursi, bejubeln viele Al-Sisi, den neuen starken Mann an der Staatsspitze. Doch die Zivilgesellschaft zahlt einen hohen Preis. Von Diana Hodali Gedenken verboten: Am vergangenen Sonntag jährte sich der Beginn der Proteste gegen Langzeitherrscher Husni Mubarak zum vierten Mal. Über 800 Menschen starben während der Rebellion 2011. Doch von Gedenkfeiern für die Toten keine Spur - im Gegenteil: Die Regierung hat den Tahrir-Platz weitläufig abgesperrt - aus Sicherheitsgründen, wie es heißt. Immer neue Opfer: Dieses Foto wird wohl in die Geschichte dieses Jahrestages eingehen: Schaima Al-Sabbagh war mit ihrem Mann in die Nähe des Tahrir-Platzes gekommen, um der Toten von 2011 zu gedenken. Sie wurde von hinten mit Schrotkugeln erschossen. Demonstranten sagen, die Polizei schoss. Das Innenministerium beschuldigt nicht näher definierte "Bewaffnete". Der Jahrestag forderte insgesamt mehrere Todesopfer. Demonstrieren verboten: Es gibt nicht nur Todesopfer. Auch die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, für die die Protestbewegung gekämpft hat, ist Opfer rigider Unterdrückung. Ein umstrittenes Demonstrationsgesetz untersagt spontane Kundgebungen. Aktivisten der Zivilgesellschaft werden massenhaft festgenommen und inhaftiert. Sie gehören zu der Generation, die 2011 die Revolution anführte. Bereits der Zweite nach Mubarak: Dabei waren die Hoffnungen 2011 so groß gewesen. Mubaraks Sturz führte zu den ersten freien Wahlen in Ägypten und zu einer neuen Verfassung. Präsident wurde der Muslimbruder Mohammed Mursi. Oft ungeschickt und manchmal autokratisch provozierte er Massenproteste - 2013 entmachtete ihn Armeechef Abdel Fattah Al-Sisi, der nun der nächste gewählte Präsident ist. Doch eine Diktatur? Viele Ägypter hoffen, dass Al-Sisi sie aus der Wirtschaftskrise führen und die Sicherheit im Land wieder herstellen kann. Doch der Weg in die Demokratie, befürchten Menschenrechtsaktivisten, werde mit der Wahl des neuen Präsidenten der Weg zurück in die Diktatur. Jagd auf Muslimbrüder: Bereits vor seiner Wahl ließ Al-Sisi die Vereinigung der Muslimbrüder auf die Liste der Terrororganisationen setzen: Ein Gericht in Al-Minja verurteilte im März 529 Anhänger zum Tode. Bei einem weiteren Verfahren im April verhängten die Richter 683 Todesurteile. Die meisten wurden später in eine lebenslängliche Gefängnisstrafe umgewandelt, manche werden jetzt neu verhandelt. Zivilgesellschaft unter Verdacht: Auch der Druck auf Homosexuelle und Atheisten steigt - die Machthaber wollen damit ihre religiöse Moral beweisen. In Ägypten sitzen zudem hunderte Aktivisten, aber auch zahlreiche Anwälte und Journalisten ohne Anklageschrift und oft ohne erkennbaren Grund im Gefängnis. So auch - wie hier im Bild - Journalisten des qatarischen Senders Al-Jazeera. Organisationen unter Druck: Al-Sisi hat etliche Gesetze erlassen, um die Zivilgesellschaft weiter zu schwächen. Unter anderem hat er das Strafrecht verschärft. Demnach machen sich in Zukunft Organisationen strafbar, wenn sie Geld aus dem Ausland erhalten und damit die Interessen des ägyptischen Staates verletzen - bereits unter Mubarak waren ähnliche Regelungen ein Freibrief dafür, unliebsame NGOs mundtot zu machen. Freispruch für den Mubarak-Clan: Im vergangenen November hatte ein Gericht Ex-Präsident Husni Mubarak vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord während der Proteste 2011 freigesprochen - jetzt ist er von einem weiteren Vorwurf reingewaschen worden: Ein Berufungsgericht hob seine Verurteilung wegen Korruption auf, der Prozess wird neu aufgerollt. Mubaraks Söhne Alaa und Gamal wurden freigesprochen.