Weltkulturerbe: Die Hagia Sophia in Istanbul Ihre mächtige Kuppel thront über dem Stadtbild von Istanbul. Die Hagia Sophia erzählt die bewegte Geschichte zweier Weltreligionen. Von Heike Mund Architektonischer Meilenstein: Im Jahre 532 gab der in Konstantinopel residierende römische Kaiser Justinian den Auftrag, eine mächtige Kirche zu bauen, "wie es sie seit Adams Zeiten nicht gegeben hat und wie es sie niemals wieder geben wird". Gut 10.000 Arbeiter machten sich ans Werk. Schon 15 Jahre später wurde der Rohbau eingeweiht. Ein Jahrtausend lang blieb die Kuppelbasilika die größte Kirche der Christenheit. Krönungskirche von Byzanz: Knapp 150 Tonnen Gold soll Justinian in den Bau der riesigen Hagia Sophia investiert haben. Die Konstruktion musste allerdings nachgebessert werden. Die Kuppel war zunächst zu flach bemessen und brach bei Erdbeben ein. Schon bald wurde die Hagia Sophia (deutsch: Heilige Weisheit) als Staatskirche genutzt. Seit Mitte des 7. Jahrhunderts wurden hier die byzantinischen Herrscher gekrönt. Umwandlung zur Moschee: Die byzantinische Herrschaft über Konstantinopel endete im Jahr 1453: Der osmanische Sultan Mehmet II. eroberte die Stadt und erklärte die Hagia Sophia zur Moschee: Kreuze wichen dem Halbmond, Glocken und Altar wurden zerstört oder demontiert, Mosaike und Wandgemälde übertüncht. Das erste Minarett verlieh dem Sakralbau auch äußerlich eine muslimische Anmutung. Von der Moschee zum Museum: Nach dem Ende des Osmanischen Reiches ließ der türkische Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk die Hagia Sophia 1934 in ein Museum umwandeln. Mit der Profanisierung gingen aufwändige Restaurationsarbeiten in dem historischen Gebäude einher. Dabei wurden die byzantinischen Mosaiken wieder freigelegt. Es wurde sehr darauf geachtet, auch die späteren muslimischen Einbauten nicht zu zerstören. Byzantinische Ikonen: Das prachtvollste Mosaik im riesigen Innenraum der Hagia Sophia ist ein christliches Andachtsbild aus dem 14. Jahrhundert, das an der Wand der Südempore freigelegt wurde. Auch wenn es nicht vollständig erhalten ist, sind doch die Gesichter deutlich zu sehen: In der Mitte Jesus als Weltenherrscher, zu seiner Linken Maria und Johannes der Täufer zu seiner Rechten. Islam und Christentum auf Augenhöhe: Die bewegte Geschichte der Hagia Sophia und die Anwesenheit beider Weltreligionen ist den Besuchern aus aller Welt auch auf Schritt und Tritt gegenwärtig: Die Schriftzüge "Mohammed" (li) und "Allah" (re) flankieren die Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind auf dem Schoß, die hinten auf dem Deckengemälde zu sehen ist. Dialog der Kulturen: Anspruch auf die Hagia Sophia erhob lange auch Bartholomaios I., der Patriarch von Konstantinopel und zugleich Ehrenoberhaupt aller orthodoxen Christen. Er sprach sich gegen die Umwandlung des Gebäudes in eine Moschee aus. Seit 1934 habe die Hagia Sophia den Status eines Museums und könne als "Ort und Symbol von Begegnung, Dialog und friedlichem Zusammenleben der Völker und Kulturen" dienen. Weltkulturerbe: Seit 1985 gehört die frühere Krönungskirche der byzantinischen Kaiser zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die 55 Meter hohe Hauptkuppel, umsäumt von den vier Minarett-Türmen, überragt majestätisch das Stadtbild der türkischen Metropole Istanbul. Die UN-Kulturorganisation warnte jüngst die Türkei davor, das Museum Hagia Sophia in eine Moschee umzuwandeln. Hagia Sophia wird wieder zur Moschee: Am 10. Juli 2020 hat das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei den Weg zur Nutzung der Hagia Sophia in Istanbul als Moschee freigemacht. Die Richter annullierten den Status des berühmten Bauwerks als Museum. Damit könnten rein rechtlich in der Hagia Sophia wieder religiöse Zeremonien stattfinden. Das Gericht folgt damit einem Wunsch von Regierungschef Recep Tayyip Erdogan.