Libanon: Arbeitsmigrantinnen wollen nach Hause Seit Monaten werden Arbeitsmigrantinnen im Libanon nicht mehr bezahlt und auf die Straße gesetzt. Die Explosion im August hat die Lage der Frauen aus Asien und Afrika verschärft. Dabei wollen viele nur nach Hause. Von Diana Hodali Dem Arbeitgeber ausgeliefert: Das viel kritisierte "Kafala-System" im Libanon verbindet ein Arbeitsvisum für Migranten mit dem Namen des Arbeitgebers. Dieser "Kafil" gilt als Bürge und Sponsor und ist auch juristisch verantwortlich. Manche Arbeitgeber nehmen den Frauen sogar die Pässe weg. Auch sexualisierte, physische und psychische Gewalt sind nicht selten. Daher protestieren die Frauen und wollen zurück in ihre Heimat. Ausgesetzt und mittellos: Wirtschaftskrise, Corona-Pandemie und die heftige Explosion Anfang August in Beirut haben die eh schon schwierige Lage für Arbeitsmigrantinnen weiter verschärft. Arbeitgeber hatten ihre Angestellten bereits vor Monaten einfach vor dem Konsulat des jeweiligen Landes abgeladen (hier vor dem kenianischen Konsulat), manche haben die Frauen einfach am Straßenrand ausgesetzt. Hoffnung Heimat: Viel ist den überwiegend weiblichen Arbeitsmigranten nicht geblieben, sie schlafen in Zelten oder auf Matratzen auf der Straße, haben ihr Hab und Gut in Koffern. Ihre Arbeitgeber haben sie in den meisten Fällen seit Monaten nicht bezahlt. Sie hoffen darauf, dass sie mit Hilfe der Konsulate nach Hause fliegen können. Keine Bezahlung: Offiziellen Angaben zufolge sollen 250.000 Arbeitsmigrantinnen in libanesischen Haushalten tätig sein. Meist werden sie von Vermittlungsagenturen rekrutiert mit dem Versprechen, ein Gehalt in US-Dollar zu erhalten. Aufgrund der Wirtschaftskrise gibt es aber kaum noch Dollar im Land - und ohne Bezahlung können sie ihren Familien zu Hause kein Geld schicken. Kafala muss enden: Durch die Wirtschaftskrise ist die Aufrechterhaltung des Kafala-Systems unter Druck geraten. Die ehemalige Arbeitsministerin Lamia Yammine erließ daher einen einheitlichen Standardvertrag, in dem die Rechte der ausländischen Arbeitnehmer verankert sein sollen. Doch wirklich geändert hat sich kaum etwas. Kontrollmechanismus nötig: "Ein brillanter Vertrag nach internationalen Standards ohne angemessenen Durchsetzungsmechanismus ist nur Tinte auf Papier", so Diala Haidar von Amnesty International zur Reform des Kafala-Systems. Kein Arbeitgeber wurde bisher dafür zur Rechenschaft gezogen, dass er Frauen ohne Lohn auf die Straße gesetzt hat. Zudem ist kürzlich ein weiteres Mal die Regierungsbildung im Libanon gescheitert. Erleichtert am Flughafen: Einige Rückflüge in die Heimatländer sind in den vergangenen Monaten mit Hilfe verschiedener Botschaften organisiert worden. Diese Frauen fliegen zurück nach Sierra Leone. Doch die meisten anderen können das bisher nicht. Viele Frauen setzen daher auf die Hilfe von lokalen Organisationen, die sich für sie stark machen, wie die Alliance of Migrant Domestic Workers oder die Anti-Rassismus-Bewegung. Hilfe durch Organisationen: Diese Frauen haben Beirut ebenfalls Richtung Sierra Leone verlassen. Viele Äthiopierinnen setzen ihre Hoffnung derweil auf kleine Organisationen wie Egna Legna Besidet. Das Team unterstützt die Frauen mit Lebensmitteln, bietet ihnen Schutz und hilft bei der Rückkehr. Egna Legna Besidet hat bisher 200.000 US-Dollar durch Crowdfunding gesammelt und seit Juli 200 Frauen helfen können.