"Haltung gegen Rassismus zeigen" - Gedenken an die Anschlags-Opfer von Hanau

Bei einer Gedenkveranstaltung in Hanau für die neun Opfer des rassistischen Anschlags sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser, es sei wichtig, aus dieser Tat Konsequenzen zu ziehen "und auch nicht Ruhe zu geben". Der Täter habe versucht, die Opfer zu Fremden zu machen, "aber das waren sie nicht", sagte die SPD-Politikerin. Vom Rechtsextremismus gehe die größte Bedrohung für die demokratische Grundordnung aus, sagte Faeser.
Bei einer Gedenkveranstaltung in Hanau für die neun Opfer des rassistischen Anschlags sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser, es sei wichtig, aus dieser Tat Konsequenzen zu ziehen "und auch nicht Ruhe zu geben". Der Täter habe versucht, die Opfer zu Fremden zu machen, "aber das waren sie nicht", sagte die SPD-Politikerin. Vom Rechtsextremismus gehe die größte Bedrohung für die demokratische Grundordnung aus, sagte Faeser.

Am dritten Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau haben Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Religionen zum Kampf gegen Hass und Hetze aufgerufen.

Am Sonntag (19.2.2023) haben in Hanau rund 500 Menschen aus Politik, Bürgerschaft und Religionsgemeinschaften der Opfer des rassistischen Anschlags von vor drei Jahren gedacht.

Zu den Rednerinnen und Rednern zählten neben Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) auch Angehörige der Ermordeten. An der Gedenkstunde nahmen unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, teil.

Kaminsky erinnerte auf dem Marktplatz an die neun jungen Hanauerinnen und Hanauer mit Einwanderungsgeschichte, die am 19. Februar 2020 von einem 43-jährigen Deutschen ermordet worden waren, und nannte deren Namen. Der Täter habe sich das Recht angemaßt, über Leben und Tod anderer zu entscheiden. "Welch ein irrsinniger Rassismus", rief der Oberbürgermeister aus.

Er appellierte an alle Bürgerinnen und Bürger, sich gegen Hass, Rassismus, Hetze und Überlegenheitsfantasien - "dieses gefährliche Gift" - zu wehren und für eine wachsame und kämpferische Demokratie einzutreten. "Deshalb sagen wir allen Rassisten, allen Antidemokraten, ja allen, die mit ihren Parolen unser Land vergiften: Wir sind mehr! Und wir sind stärker als euer Hass!"

 

Die Maßnahmen gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus die Ende 2020 von der Bundesregierung beschlossen wurden, müssen auch umgesetzt werden, fordert die Antidiskriminerungsbeauftragte Ferda Ataman: https://t.co/U1gpR9MZnS

— Antidiskriminierung (@ADS_Bund) February 19, 2023

 

"Wir sind stärker als euer Hass"

Das Stadtoberhaupt verwahrte sich auch gegen Stimmen, die ein Ende des Gedenkens forderten. "Gegenüber den Angehörigen ist dies eine Anmaßung und für unsere Gesellschaft im Allgemeinen und unsere Stadtgesellschaft im Besonderen wäre es schlichtweg falsch", betonte er. Der 19. Februar müsse neben der Erinnerung an die Ermordeten "ein dauerhafter Tag der Reflexion, der Prüfung, der Selbstvergewisserung" sein. Zudem müsse weiter an der Aufdeckung der Tathintergründe gearbeitet werden.

Nach dem Gedenkakt auf dem Marktplatz kamen die Teilnehmenden auf dem Hauptfriedhof zusammen. Dort wurde für jedes der Opfer ein Blumengesteck niedergelegt, ebenso auf den anderen Friedhöfen im In-und Ausland, auf denen die Toten beerdigt sind.

Die Initiative 19. Februar Hanau, die Bildungsinitiative Ferhat Unvar, Angehörige der Ermordeten sowie Jugendverbände wollten am Nachmittag zu einer Kundgebung mit anschließendem Protestzug gegen Rassismus zusammenkommen. Ab 21.30 Uhr, kurz vor der Tatzeit, sollte wie an jedem 19. eines Monats ein kurzes Gedenken an den beiden Tatorten Heumarkt und Kurt-Schumacher-Platz stattfinden. An den Tatorten hat die Stadt Gedenktafeln angebracht, Porträtbilder erinnern an die Ermordeten.

"Schock von Hanau wirkt bis heute nach"

Kulturstaatsministerin Claudia Roth sprach in Berlin von einem "Schock für uns alle", der bis heute nachwirke. Das Leid der Opfer und ihrer trauernden Hinterbliebenen müsse mehr Beachtung in unserem Erinnern finden, forderte sie. Die Namen der Getöteten "sind unvergessen".

 

Der Schmerz sitzt tief aber wir werden weiter für Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen kämpfen. In Gedenken an Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin. pic.twitter.com/lLG6ZcNqqR

— Initiative 19. Februar Hanau (@19FebruarHanau) February 19, 2023

 

 

Hanau sei kein Einzelfall, sondern Teil einer Kette rassistisch motivierter Gewaltexzesse im wiedervereinten Deutschland, sagte Roth. Überall, wo Rassismus sich zeige, wo Menschen diskriminiert würden, sei auch das gesamte demokratische Zusammenleben gefährdet. "Deshalb sind wir alle gefragt", sagte die Staatsministerin. Es gehe darum, Haltung und Gesicht im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu zeigen.



Unter den getöteten Menschen mit Migrationshintergrund waren auch drei Roma. Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Roma in Deutschland, Mehmet Daimagüler, erklärte, die "Verächtlichmachung der Minderheit, insbesondere ihre Kriminalisierung", habe mit den Morden nicht aufgehört. Der Rassismus gegen Sinti und Roma beschränke sich nicht auf Nazis, sondern finde sich "überall in Deutschland, auch in den Behörden".

 

"Wenn wir wirklich den rassistischen Hass der Rechtsextremen in Deutschland bekämpfen, dürfen wir den Rassismus in der Mitte der Gesellschaft nicht vergessen", forderte Daimagüler. Dazu gehöre etwa auch das Racial Profiling durch staatliche Strukturen. (epd/afp)

 

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