Ein Zeichen gegen Islamophobie setzen
Im gegenwärtigen Rennen um die Nominierung zur Präsidentschaftskandidatur versuchen einige Anwerber sich bewusst auf Kosten der islamischen Religion zu profilieren und nutzen die negative Kennzeichnung des Islam, um ihre Popularität bei den als islamkritisch angesehenen Bevölkerungsschichten zu erhöhen. So versprach der inzwischen aus dem Kandidatenrennen ausgeschiedene Herman Cain, keinesfalls einen Muslim in sein Kabinett aufnehmen zu wollen.
Dies spiegelt den aktuellen Trend in den USA wider. Schon 2010 nutzten einige republikanische Kandidaten zur Wahl des Kongresses das in Planung befindliche muslimische Gemeindezentrum "Park 51" zur Mobilisierung ihrer Wähler, indem sie das Zentrum als "Ground Zero-Moschee" brandmarkten und die Angst vor der Scharia schürten, auf deren Prinzipien das islamische Recht basiert. Und gewählte Führer des Kongresses, wie der Republikaner Peter King aus New York, nutzten ihre Nominierungen, um darauf hinzuweisen, dass Muslime "extrem radikalisiert" seien, was inzwischen von diversen Untersuchungen und Berichten widerlegt werden konnte.
Und doch gibt es andere Politiker innerhalb der republikanischen Partei, die dieser Argumentation nicht folgen, wie etwa die gegenwärtigen Bewerber Mitt Romney und Ron Paul, oder auch der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, der gegen viele Widerstände den indischstämmigen Muslim Sohail Mohammed zum Richter am Obersten Gericht des Staates ernannte.
Vorurteile und Ressentiments weit verbreitet
Die individuelle Toleranz oder die Angst vor gewissen radikalen Gruppen beschränkt sich jedoch nicht auf die politischen Eliten. Eine von zwei Think Tanks der "Brookings Institution" und des "Public Religion Research Institute" durchgeführte Studie vom vergangenen September, brachte zutage, dass mehr als 47 Prozent der Amerikaner meinen, dass die Werte des Islam nicht vereinbar seien mit denen der Vereinigten Staaten. Eine ähnliche Zahl von Befragten äußerte ihr generelles Unbehagen mit dem Islam in den USA aus.
Viele Ereignisse fügten sich zusammen, um in den Köpfen einiger Amerikaner eine Abneigung gegen Muslime und den Islam entstehen zu lassen: die Angriffe des 11. September 2001, der anschließende, eine Dekade andauernde "Krieg gegen den Terror" mit amerikanischen Militäraktionen im Irak und in Afghanistan, einige islamistische Attentatsversuche in den USA und die negative Berichterstattung über die Politik und die soziale Lage in der islamischen Welt. Die gegenwärtigen Zeichen der Islamophobie sind also die Konsequenz einer komplexen Folge von Ereignissen, aber auch öffentlicher Debatten als Folge dieser Ereignisse.
Dabei sollten die politischen Eliten in den USA die Denunziation von Muslimen sofort stoppen und stattdessen ihre Führungskraft dadurch beweisen, sich der schwierigen Aufgabe zu widmen, die Intoleranz im Land zu bekämpfen. Schließlich wurde dieses Land auf den Idealen von religiöser Toleranz, Pluralismus und demokratischer Freiheit gegründet.
Gelungene Integration von Muslimen in den USA
Es fällt nicht schwer, zu argumentieren, dass die amerikanischen Muslime gut integriert sind und einen wertvollen Beitrag zum Wohlstand des Landes leisten. Eine umfangreiche Studie des Meinungsforschungsinstitut "Gallup" vom August 2011 zeigt, dass die US-amerikanischen Muslime nicht nur gut integriert, sondern auch loyale Bürger sind. Zudem ist darin zu erkennen, dass die Islamfeindschaft nicht den ökonomischen Wohlstand der US-amerikanischen Muslime beeinträchtigt.
Es ist nachvollziehbar, warum einige der Präsidentschaftskandidaten der Versuchung erliegen, die Intoleranz zu instrumentalisieren, da die negativen Einstellungen gegenüber dem Islam unter Republikanern überdurchschnittlich verbreitet sind, wie es die "Brookings"-Umfrage vom September 2011 zeigt. Doch würde es eben ihre Befähigung unter Beweis stellen, das Präsidentenamt wirklich mit Leben füllen zu können, würden die republikanischen Kandidaten den Geist der US-Verfassung tatsächlich begreifen und diesen auch gegenüber ihren jeweiligen Wahlkampfleitern zu verteidigen trachten.
Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner
Präsidentschaftskandidaten müssen nicht immer nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner suchen. Viele nicht-muslimische Führer aus der politischen wie religiösen Sphäre, sowohl unter Laien wie aus dem Klerus, haben sich in den letzten Jahren im interreligiösen Dialog engagiert. Viele von ihnen stellten sich vor ihre muslimischen Freunde und vor die amerikanischen Muslime insgesamt, wenn es islamfeindliche Vorfälle gab, meist anlässlich des Baus neuer Moscheen oder bei falschen Beschuldigungen gegenüber muslimischen Führern.
Im konservativen Establishment gibt es genügend moderate Figuren, wie den Gouverneur Christie oder auch den evangelikalen Pastor Rick Warren, die die Kluft zu den amerikanischen Muslimen erfolgreich zu überbrücken vermochten. Warren, der einer großen Kirche in Südkalifornien vorsteht, sprach bei der jährlichen Konferenz der "Islamic Society of North America" im Juli 2011 – und das trotz großer Kritik, die er aus den eigenen Reihen dafür einstecken musste. Bei dem Treffen hatte er Christen und Muslime zur Zusammenarbeit aufgerufen.
Die republikanischen Kandidaten sollten sich an diesen Männern und ihren Erfahrungen ein Beispiel nehmen. Wenn sie damit ihre Eignung zum Präsidentenamt unter Beweis stellen würden, wäre dies letztendlich nicht nur gut für ihre Kampagnen, sondern auch für das interreligiöse Klima in den Vereinigten Staaten insgesamt.
Muqtedar Khan
© Common Ground News Service 2012
Dr. Muqtedar Khan ist Professor an der Universität von Delaware und Forschungsbeauftragter am "Institute for Social Policy and Understanding".
Übersetzung aus dem Englisch von Daniel Kiecol
Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de