Freiheit statt Angst
New York: Terrorismus ist brutal und zerstörerisch und sein letztes Ziel ist die Angst. Terroristen hoffen, dass sich Verbündete gegeneinander wenden und sich zwischen Landsleuten Spannungen aufbauen. Die von Terroristen am 11. September 2001 verübten Gräueltaten waren besonders zerstörerisch und die von ihnen ausgelöste Angst ist in gewisser Weise bis heute zu spüren.
Seit diesem Frühjahr protestieren Kritiker gegen ein geplantes muslimisches Gemeindezentrum in Lower Manhattan, das zuvor als Cordoba House bekannt war. Die Leitung des Gemeindezentrums änderte den Namen kürzlich in Park51, da seine Adresse Park Place 51 lautet; zugleich soll damit betont werden, dass es einige Blocks entfernt von Ground Zero liegt und die Bezeichnung "Ground Zero-Moschee", die ihm bereits angeheftet wurde, recht abwegig ist.
Einmal fertig gestellt, wird Park 51 "500 Gästen Platz bieten, einen Swimmingpool, Ausstellungsräume, Buchhandlungen und Restaurants", was ihn zu einem "kulturellen Knotenpunkt" New Yorks machen wird. So drückt es die Cordoba Initiative aus, die sich für eine Verbesserung der muslimisch-westlichen Beziehungen und interkulturellen Dialog einsetzt und zusammen mit anderen Organisationen das Projekt unterstützt.
Schreckliche Ironie der Proteste
Auch wenn es von einer muslimischen Gruppe unterhalten wird und auch einen muslimischen Gebetsraum hat, soll das Zentrum doch allen New Yorkern offenstehen und alle Annehmlichkeiten eines hochwertigen Gemeindezentrums bieten.
Trotz des großen Nutzens, den Park51 damit der Stadt und ihren Bürgern bietet, sorgt der Umstand, dass Ground Zero einige Blocks entfernt liegt, für Proteste. Sie zielen darauf ab, dass muslimische US-Bürger ihren Glauben nicht mehr in Ruhe und Frieden ausüben können; zugleich ist es diesen auch nicht mehr möglich, ihre Türen für Gäste aller Glaubensrichtungen offenzuhalten, wie es eigentlich amerikanische Art ist.
Die schreckliche Ironie besteht darin, dass einige Kritiker die Ziele der Terroristen vom 11. September unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus entgegen ihrer Absicht fördern.
Die Terroristen wollten uns in Angst und Schrecken versetzen. Sie wollten, dass wir unsere Rechte aufs Spiel setzen. Sie wollten uns glauben machen, dass in Amerika nicht alle Religionen willkommen sind. Sie wollten, dass wir uns selbst erniedrigen, indem wir unsere Prinzipien verraten.
Untergrabung demokratischer Freiheiten
Auch wenn der erste Zusatzartikel zur US-Verfassung deutlich erklärt, dass "der Kongress kein Gesetz erlassen (darf), das die Einrichtung einer Religion betrifft, oder die freie Religionsausübung verbietet", obliegt es letztendlich den amerikanischen Bürgern selbst, dafür zu sorgen, dass die in der Verfassung niedergelegten Prinzipien auch mit Leben gefüllt werden. Wenn eine religiöse Gruppe, sei es im Geiste oder in der Praxis, davon abgehalten wird, sich einen Raum für ihre Gemeinschaft zu schaffen, werden diese Ideale untergraben.
Die Proteste gegen Park51 wiegen umso schwerer, als sie die Freiheit einer Religionsgemeinschaft einschränken, nicht nur für sich selbst einen Versammlungsort zu schaffen, sondern einen, der allen Amerikanern offenstehen soll, egal welchen Glaubens.
Als Amerikaner müssen wir Park51 unterstützen und zwar als Bestandteil unserer freien Gesellschaft. Eine neue Bewegung mit genau diesem Ziel hat sich bereits gebildet. Sie nennt sich Religious Freedom USA und hat sich den Schutz der religiösen Freiheit aller Amerikaner auf die Fahnen geschrieben, wobei sie ihre Anstrengungen momentan vor allem auf Park51 konzentriert.
Schutz der Religionsfreiheit
Mit einer starken und vielfältigen Basis von Unterstützern in seinem Kuratorium plant Religious Freedom USA eine Online-Videokampagne, um die Stimmen jetziger und nachwachsender Meinungsführer zu Gehör zu bringen, denen ihr Glaube und ihr Patriotismus aufgibt, sich für die religiöse Freiheit und Park51 einzusetzen.
Die Videokampagne soll zudem Menschen in und außerhalb von New York City wachrütteln und Unterstützer für Kundgebungen und Demonstrationen gewinnen; auch in Colleges und Kirchengemeinden, in Priestergemeinden und Bürgerorganisationen wird um Unterstützung geworben.
Als einer der Mitbegründer von Religious Freedom USA empfinde ich meine Arbeit als sehr patriotisch und zutiefst religiös. Als Jude und zukünftiger Rabbi kann ich nicht aus vollem Herzen beten, wenn andere in meiner Stadt davon abgehalten werden, sich einen Raum zu schaffen, um dasselbe zu tun. Insbesondere, wenn sie diesen Raum auch für Menschen anderer Konfessionen öffnen wollen.
Vom großen Rabbi Hillel, der im 1. Jahrhundert n. Chr. lebte, ist der Satz überliefert: "Wenn ich nicht für mich bin, wer ist dann für mich? Solange ich aber nur für mich selber bin, was bin ich?" Und ich antworte mit dem letzten Satz des Zitats: "Wenn nicht jetzt, wann sonst?"
Die Verteidigung religiöser Freiheiten beginnt genau jetzt. Sie beginnt mit Park51. Sie beginnt mit Religious Freedom USA.
Joshua M. Z. Stanton
© Common Ground News 2010
Joshua M. Z. Stanton ist Mitherausgeber des Journal of Inter-Religious Dialogue (www.irdialogue.org) und Schusterman Rabbinical Fellow am Hebrew Union College in New York City.
Übersetzung aus dem Englischen: Daniel Kiecol
Redaktion: Nimet Seker/Qantara.de
Qantara.de
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