Wende mit Folgen für den Nahen und Mittleren Osten
Für den Emir von Katar, Sheikh Tamim bin Hamad Al Thani, wird am Flugfeld in der Wüstenstadt Al-Ula ein roter Teppich ausgerollt, auf dem der saudische Kronprinz Muhammad Bin Salman wartet, um den Ankömmling aus Katar lange in die Arme zu schließen. Es ist eine Versöhnungsgeste, die für die ganze Region strategische Folgen haben könnte.
Nach fast vier Jahren saudischem Embargo gegen Katar, das auch von den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Ägypten aufrechterhalten wurde, scheint nun das Eis gebrochen, pünktlich zum Treffen des Golfkooperationsrates (GCC) in Saudi-Arabien am Dienstag (05.01).
Angekündigt wurde der Durchbruch am Abend zuvor durch den kuwaitischen Außenminister Ahmad Nasser Al Sabah, der erklärte, dass die Landesgrenzen und der Luftraum zwischen Saudi-Arabien und Katar wieder geöffnet seien. Kuweit hat die neue Übereinkunft vermittelt.
Kurz darauf verkündete der Emir von Katar, Sheikh Tamim bin Hamad Al Thani, der Einladung zum Treffen des Golfkooperationsrates in Saudi-Arabien zu folgen. Dort soll dann auch ein Abkommen zwischen beiden Ländern unterzeichnet werden.
Das Embargo ist gescheitert
Es ist eine Übereinkunft, die weite Kreise ziehen könnte. Ägypten hat seinen Außenminister zum GCC-Treffen geschickt. „Ägypten unterstützt Bemühungen, die die arabische Einheit bewahren und zur Versöhnung im Interesse aller Seiten führen“, heißt es in einer Erklärung des Außenministeriums in Kairo. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain gaben sich zurückhaltender. Beide gehören zu den Hardlinern am Golf, die einer Aussöhnung bis zuletzt entgegenstanden.
In dem Deal soll es um 18 Punkte gehen. Neben der Grenzöffnung und der Wiederaufnahme des Luftverkehrs geht es darin auch darum, sich nicht mehr gegenseitig in staatlichen Medienkampagnen anzufeinden und sich nicht in die inneren Angelegenheiten des jeweils anderen Staates einzumischen.
Möglich wurde die Übereinkunft, weil es nach über dreieinhalb Jahren Embargo immer deutlicher wurde, dass sich der Boykott Katars als Sackgasse erwiesen hat. Das Ziel, das kleine Emirat in die Knie zu zwingen, konnte nicht erreicht werden. Der superreiche Staat am Golf hat das Embargo einfach ausgesessen. Viele Fragen bleiben indes offen. Alle Seiten betonen, dass die Übereinkunft nur ein Anfang sei und weitere Details der Aussöhnung in einem Dialog ausgehandelt werden müssten.
Ursprünglich wurde das Embargo damit gerechtfertigt, dass Katar zu enge Beziehungen mit Iran unterhalte und eine türkische Militärbasis beheimate. Auch dass Katar als Unterstützer der Muslimbruderschaft gilt, war vor allem den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten ein Dorn im Auge, die die Muslimbrüder als Terrororganisation einstufen. Saudi-Arabien und Bahrain störten sich dagegen mehr an den engen Beziehungen Katars zum Iran. Wobei es aber offensichtlich war, dass das Embargo das Emirat noch mehr in die Arme Teherans getrieben hat. Diese Entwicklung ist ein weiterer Grund, warum vor allem Saudi-Arabien auf ein Ende des Boykotts drängte.
Saudi-Arabien setzt sich durch
Dass Saudi-Arabien sich nun vor allem gegen die Vereinigten Arabischen Emirate durchgesetzt hat, zeugt auch davon, dass das Königsreich wieder seine Führungsrolle am Golf übernehmen will. In den letzten Jahren war der Kronprinz der Vereinigten Arabischen Emirate, Muhammad Bin Zayed, immer wieder als Mentor und Senior-Berater des saudischen Kronprinzen Muhammad Bin Salman aufgetreten. Bin Zayed gilt als der Architekt des Boykotts gegen Katar.
Die Umarmung des saudischen Kronprinzen und des Emirs von Katar könnte weitreichende strategische Folgen für die gesamte Region haben, die weit über die Golfstaaten hinausgehen.
Denn der Bruch zwischen beiden Ländern war der Grund für viele Konflikte in der Region. Im Kern geht es hier auch um die Beziehungen der arabischen Golfstaaten zum Iran und der Türkei, aber auch zu Organisationen wie der Muslimbruderschaft. Da könnten jetzt die Karten neu gemischt werden.
Ein Beispiel dafür, wo diese neue Aussöhnung Auswirkungen haben könnte, ist Libyen. Dort unterstützen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten bisher General Khalifa Haftar im Osten des Landes, während Katar und die Türkei hinter der Regierung im westlichen Tripolis stehen.
Wenn nun nicht nur Katar und Saudi-Arabien, sondern auch Katar, die Emirate und Ägypten sich wieder annähern, könnte das den Weg zur Lösung vieler Konflikte in der Region bereiten.
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