Kämpferischer Boykott
Elf Journalisten standen in den letzten Wochen in Ägypten vor Gericht. Unter ihnen vier Chefredakteure von prominenten Oppositionszeitungen. Der Vorwurf: Verunglimpfung von Regierungspolitikern, so zum Beispiel von Staatschef Hosni Mubarak.
Ihre Zeitungen hätten geschrieben, sagt der Richter bei der Urteilsverkündung vor dreieinhalb Wochen, die Regierungspartei führe das Land diktatorisch. Die Strafe gegen die vier Chefredakteure: Ein Jahr Gefängnis sowie umgerechnet rund 2.500 Euro Geldbuße. Gegen die Zahlung einer Kaution von 1.300 Euro befinden sich die Journalisten auf freiem Fuß.
Über 20 unabhängige ägyptische Zeitungen beschlossen daraufhin aus Solidarität mit den inhaftierten Journalisten einen Boykott. Vergeblich warteten die Leser am vergangenen Sonntag (7.10.2007) auf das Erscheinen von Zeitungen wie "Al-Masri al-Youm", "Nahdet Masr", "Al-Wafd", "Sout al-Umma", "Al-Fagr", "Al-Isboa".
"Krieg gegen die Pressefreiheit"
Denn immer öfter, so Gamal Fahmi, Mitglied im Vorstand der Journalistenvereinigung, versucht das Mubarak-Regime, kritische Medienvertreter mit drastischen Mitteln einzuschüchtern oder gar zum Schweigen zu bringen und seine Macht zu sichern.
Es gebe keine freien Wahlen, keine Rotation der Staatsmacht, und Mubarak regiere seit 26 Jahren mit Polizeigewalt. "Was wir in der letzten Zeit erlebt haben, ist ein wirklicher Krieg gegen die Pressefreiheit", sagt Gamal Fahmi. In einigen Wochen könnte ein Viertel aller Journalisten im Gefängnis sitzen, spekuliert er.
Ibrahim Eissa, Chefredakteur der Wochenzeitung "Al-Dostour", ist bereits verurteilt. Aber weil er über den Gesundheitszustand von Präsident Mubarak spekuliert und damit, ausländische Investoren vergrault habe, so die Ankläger, läuft gleichzeitig ein zweites Gerichtsverfahren gegen ihn. 350 Millionen US-Dollar betrage der Schaden für das Land.
Bis zu drei Jahre Gefängnis drohen Eissa, doch er gibt sich kämpferisch: "Es gibt keinen heiligen Regierungschef, keine heilige First Lady, sie sind keine Pharaonen oder Könige, keine Herrscherfamilie. Ich werde nicht schweigen, ich saß ja früher schon mal im Gefängnis."
Jürgen Stryjak
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