Der Meister der Minarette
In Deutschland gibt es mehr als drei Millionen Muslime, die meisten sind türkischer Abstammung. Für viele von ihnen symbolisieren repräsentative Moscheen mit Minarett ein Stück Heimat und auch eine gesellschaftliche Anerkennung ihrer Religion.
Bis vor einigen Jahren noch waren solche "echten" Moscheen allerdings eher selten in Deutschland - die meisten Muslime begnügten sich mit provisorischen Gebetsstätten, so genannten "Hinterhof-Moscheen".
Mehr Moscheen im klassisch-orientalischen Baustil
Nicht selten waren dies eher simple Räumlichkeiten in ausgedienten Fabrikhallen. Inzwischen werden in Deutschland aber immer mehr Moscheen im klassischen orientalischen Baustil errichtet.
Mittlerweile rufen auch in deutschen Städten Muezzine die gläubigen Muslime fünfmal täglich zum Gebet. Zumindest in Moscheen, wo die Nachbarn sich dadurch nicht gestört fühlen, also etwa in ohnehin sehr lauten Wohngegenden, oder auch in eher abgelegenen Industriegebieten.
Es gibt auch immer mehr repräsentative Moscheebauten mit Kuppel und Minarett - gerade für Muslime in der Diaspora oft ein Symbol, das ihren Glauben weithin sichtbar macht und ihm auch gesellschaftliche Anerkennung verleiht.
Minarettbau à la Akbaba
In Deutschland existieren mittlerweile über 70 solcher "echten" Moscheen. Und es gibt einen Mann, der bei zahlreichen dieser Bauten das Minarett hergestellt hat: Ahmet Akbaba, ein cleverer türkischer Geschäftsmann mit Wohnsitz in Deutschland. Der gelernte Tischler erkannte vor einigen Jahren eine Marktlücke und gründete in der westdeutschen Stadt Essen eine Firma, die auf den Minarett-Bau spezialisiert ist.
Es war vor allem Unkenntnis deutscher Baufirmen, die Ahmet Akbaba zu diesem Schritt ermutigte: "Ich habe ein paar Minarette gesehen, die von deutschen Firmen gebaut worden sind. Da haben die entweder eine Leiter drin, oder die haben eine Wendeltreppe aus Stahl gemacht, die man kaum benutzen kann. Wenn wir mauern, ist unsere Wendeltreppe natürlich schon drin!"
Nachdem Ahmet Akbaba vom türkisch-islamischen Kulturverein im westfälischen Gladbeck vor drei Jahren den Auftrag bekommen hatte, für den Neubau der dortigen Moschee das Minarett zu errichten, suchte er sich sein Team zusammen. In seiner Heimat Türkei fand er einen Minarettbauer, den er nach Deutschland holte.
In der Türkei hat der Minarettbau eine große Tradition. Dennoch gibt es dort dafür keine spezielle Ausbildung. Die Kenntnisse werden vielmehr von einer Generation an die nächste weitergegeben. Das alleine reicht aus, um schöne Minarette zu bauen. Aber es reicht nicht aus, um die ganz besonderen deutschen Vorschriften zu erfüllen. Und von diesen gibt es eine ganze Menge.
Das ideale Minarett ist wie ein gespitzter Bleistift
Akbaba baut seine Minarette in erster Linie für türkisch geprägte Moscheegemeinden. Diese kannten für den Bau von Minaretten zwar keine explizit religiösen Vorschriften. Aber die Eingangstür am Fuße des Minaretts und der obligatorische Halbmond auf seiner Spitze müssen natürlich in Richtung Mekka zeigen. Ansonsten seien der Phantasie aber keine Grenzen gesetzt, meint der Minarettbauer schmunzelnd. Wie ein "gespitzter Bleistift" müsse das ideale Minarett aussehen.
Akbaba schildert seine Idealvorstellungen von Minaretten. Eine gewisse Höhe müsse es natürlich schon haben, und gleichzeitig rund und eckig wirken – elegant und edel eben. Und die Empore, "Scherife" im Fachjargon genannt, von der aus der Muezzin zum Gebet ruft, die müsste selbstverständlich besonders schön gearbeitet sein. Denn die "Scherife" wird zu den Festtagen beleuchtet, sagt Akbaba.
Mit der steigenden Zahl von Muslimen in Deutschland wächst auch der Wunsch der muslimischen Gemeinden nach Moscheeneubauten. Ahmet Akbabas Auftragsbuch ist dementsprechend gut gefüllt. Zahlreiche Minarette in Nord- und Süddeutschland hat er schon fertig gestellt, die nächsten Projekte stehen bereits bevor.
Seine Bauten sieht Ahmet Akbaba auch als eine Werbung für den Islam. Gleichzeitig möchte er den in Deutschland lebenden Muslimen ein Gefühl der Heimat geben: "Wir können nicht in unsere Heimat zurück, deshalb haben wir ein Stück von dort hier herübergebracht."
Abdul-Ahmad Rashid
© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD 2006
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