Eine skandinavische Tragödie in Afghanistan
Patrouillen seiner Einheit werden immer wieder angegriffen. Die Moral der Soldaten sinkt, als einer getötet wird. Sie fühlen sich wie Zielscheiben, haben aber nicht den Eindruck, etwas ausrichten zu können. Der Offizier argumentiert dagegen, die Aufgabe der Truppe sei, die Zivilbevölkerung zu schützen, damit sie ihr Land wieder aufbauen könne. Um Solidarität zu zeigen, beginnt er, selbst Patrouillen anzuführen.
Der Film zeigt die Soldaten im Einsatz in Afghanistan. In einzelnen Szenen springt er zur Frau des Offiziers, die in Dänemark die drei gemeinsamen Kinder allein erzieht. Gelegentliche Telefonate zeigen, dass der Austausch der Ehepartner technisch und inhaltlich kaum möglich ist.
Dann gerät der Offizier mit seiner Einheit in einen Hinterhalt. Ein Soldat wird so schwer verwundert, dass er dringend ausgeflogen werden muss. Um sofort Unterstützung aus der Luft anfordern zu können, gibt der Offizier dem Hauptquartier durch, seine Leute würden aus einem Gebäude beschossen, obwohl keiner genau weiß, woher die Schüsse kommen. Der Hubschrauber wird herbeigeschickt, attackiert das Gebäude und die Angreifer verschwinden. Der verletzte Soldat wird gerettet.
Das Dilemma des Offiziers
Im beschossenen Haus werden Tote geborgen – doch es sind Zivilisten, darunter Frauen und Kinder. Weder Aufständische noch Waffen werden gefunden. Der Offizier muss sich daraufhin wegen eines Kriegsverbrechens in Dänemark vor Gericht verantworten.
Seine Freude, die eigene Familie wiederzusehen, wird von Erinnerungen an tote Kinder beeinträchtigt. Auch droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe, die ihn wieder von den Familien trennen würde. Um freigesprochen zu werden, rät ihm sein Anwalt zu behaupten, er habe das Bombardement aus der Luft auf der Grundlage sicherer Informationen angefordert. Der Anwalt stellt klar, dass es weder um Ethik noch um Wahrheit geht.
Der Offizier will nicht lügen. Er will aber auch nicht Frau und Kinder verlassen müssen, wenn er die Wahrheit sagt. Seine Frau macht ihm deutlich, er dürfe sie nicht im Stich lassen. Vor Gericht sagt er aus, er habe sichere Informationen gehabt, könne sich aber an die Quelle nicht erinnern. Er wird mit einem Gegenbeweis konfrontiert: Aufzeichnungen aus der Helmkamera eines Soldaten zeigen ihn schreien, ihm sei egal, wer im Gebäude sei, er brauche einen Hubschrauber.
Der Prozess nimmt eine unerwartete Wende, als ein Soldat bezeugt, er habe Geschützfeuer aus dem Haus gesehen und den Offizier entsprechend informiert. Die Aussage lässt sich nicht überprüfen – führt aber zum Freispruch.
Keine Lösung für Schuldgefühle und Traumata
Eindrücklich zeigt Tobias Lindholms Film "A War" das Dilemma des Offiziers im Gefecht. Seine Pflicht ist, Zivilisten zu schützen – aber auch, seine Soldaten zu retten. Eine einwandfreie Entscheidung ist unmöglich.
Der Film selbst erlaubt sich kein abschließendes Urteil darüber, ob der Offizier richtig oder falsch gehandelt hat. Richter und Geschworene scheinen erleichtert über die fadenscheinige Entlastungsaussage des Zeugen. Sie empfinden Empathie – und das tun auch die Zuschauer. Zugleich zeigt der Film einen Freispruch nach einem Kriegsverbrechen. Er bietet keine Lösung für die Schuldgefühle und Traumata des Offiziers. Wie in einer klassischen griechischen Tragödie ist der Held verdammt, was immer er auch tut.
Facettenreich zeigt der Film, was Dänemark von Afghanistan unterscheidet. Dänische Eltern sorgen sich um die emotionale Entwicklung ihrer Kinder, afghanische Eltern fürchten um das Überleben ihrer Kinder. In Dänemark sorgt die Justiz für die Geltung von Gesetzen, in Afghanistan nehmen Bewaffnete das Recht selbst in die Hand – und das gilt auch für NATO-Truppen.
Wer nur Dänemark kennt, kann nicht verstehen, was in Afghanistan passiert – und selbst die dort stationierten Soldaten tun sich damit schwer. Sie sprechen die Sprache nicht, haben Heimweh und finden ihren Einsatz sinnlos. Vor diesem Hintergrund bricht das dänische Gericht mit dänischem Rechtsverständnis und spricht den unfreiwillig schuldig gewordenen Offizier frei.
Hans Dembowski
© Zeitschrift Entwicklung & Zusammenarbeit 2018