Die grünen Sterne von El Gouna

20 Jahre nach seiner Gründung ist der ägyptische Ferienort El Gouna am Roten Meer ein Musterbeispiel für ökologische Tourismusentwicklung - ein künstlicher Ort, vom dem die Welt viel lernen kann. Taufik Khalil hat sich dort umgesehen.

El Gouna; Foto: dpa/picture-alliance
Neuartige Öko-Oase El Gouna am Roten Meer - Vorbild auch für andere Länder der Region?

​​Fährt man vom Flughafen Hurghada ins 20 Kilometer nördlich gelegene El Gouna, dann sieht man ein für Ägypten typisches Bild: Wüste, Sand und Steine - eigentlich beeindruckend.

Doch leider sieht man auch etwas, das für Ägypten ebenfalls typisch ist: Müll! Plastikflaschen, Aludosen, Papier, Abfall jeder Art, vom Wind verstreut. Dann taucht plötzlich eine bunte Stadt auf. Einmal rechts abbiegen und nach einer Kontrolle an einer Schranke schaut die Welt ganz anders aus. Bestens geteerte Straßen, nirgendwo auch nur ein Stück Abfall. Fast scheint es, als habe man Ägypten verlassen.

Der Rockefeller vom Nil

"Das hat man irgendwie auch tatsächlich", sagt Samih Sawiris und lacht dabei herzlich. "El Gouna ist sauber, was nicht unbedingt ägyptisch ist, El Gouna ist gut organisiert, und dort gibt es auch keine aufdringlichen Händler, die einen in Geschäfte verwickeln, wie in den meisten Basaren.

"Eigentlich ist El Gouna nicht typisch ägyptisch", fügt Sawiris in perfektem Deutsch hinzu. Das hat er in Berlin gelernt, wo er Wirtschaftsingenieurwesen studiert hat. Der 52jährige koptische Christ ist mit seinem Vermögen von geschätzten 20 Milliarden US-Dollar so etwas wie der "Rockefeller vom Nil".

Telekommunikation, Bauunternehmen, Landentwicklung und Hotel-Tourismus sind die Geschäftsfelder von ihm und seiner Familie. Spötter behaupten, Sawiri habe vor 20 Jahren einen Ankerplatz für seine Yacht gesucht, als er in El Gouna landete. Damals existierte dort nichts als Wüste und Lagunen, die El Gouna seinen Namen gaben.

Heimat für 20.000 Menschen

Heute leben hier rund 20.000 Menschen , von denen 17.000 ägyptischer Herkunft sind. Gearbeitet wird ausschließlich für den Tourismus. 14 Hotels aller Kategorien sowie zahlreiche Ferienwohnungen und Häuser machen El Gouna zu einem der beliebtesten Badeorte des Roten Meeres, vor allem wegen der extremen Sauberkeit. Das weit verzweigte Lagunennetz hat Badequalität, und die Strände sind nicht nur schneeweiß, sondern auch blitzblank.

Samih Sawiris; Foto: picture-alliance/ dpa
Ägyptens Rockefeller setzt auf ökologische Nachhaltigkeit im Tourismus: Geschäftsmann Samih Sawiris

​​Es gibt Schulen und sogar einen Ableger der weltberühmten Bibliothek von Alexandria, ein eigenes Krankenhaus mit Dekompressionskammer für Tauchunfälle, eine Apotheke, Supermärkte, ein paar Boutiquen und einen kleinen Basar.

Dazu bietet El Gouna zwei Jachthäfen und einen Flughafen für Privatjets, alles auf knapp zehn Quadratkilometern. Gebaut wird aus Lehm und Naturstein im nubischen Stil, was dem Ort einen authentischen Charme verleiht.

Niemals grenzen zwei Hotels aneinander. Und selbst an ein öffentliches Nahverkehrsnetz ist gedacht. Zum einen gibt es Busse, zum anderen Wassertaxis, die die einzelnen Lagunen miteinander verbinden.

"Das ist auch eine Form der Nachhaltigkeit", erklärt Sawiris. "Wenn die Menschen, die hier arbeiten sich wohl fühlen, dann spüren das die Gäste. Es steht in unserer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass diejenigen die hierher kommen, sich heimisch fühlen."

Recycling als Milliardärshobby

Dazu gehört auch die einzigartige Sauberkeit, die fast an Disney-Land erinnert. Überall im Ort stehen bunte Amphoren, um Müll getrennt zu sammeln. Die wirkliche Abfall-Trennung läuft in Bereichen, die die Gäste nicht sehen, erklärt Alfred Heim, Direktor des Fünf-Sternehotels Steigenberger.

Foto: El Gouna
Golferparadies auf Sand gebaut - die Anlage wird ökologisch sinnvoll lediglich mit Brauchwasser bewässert.

​​"Wir haben eine Quote von 98 Prozent beim Recycling erreicht", berichtet Samih Sawiris stolz, "aber mein Ziel ist 100 Prozent. Das gibt es nirgendwo. Ich habe den Luxus, mir dieses teure Hobby leisten zu können. Und ich habe den Ehrgeiz, sagen zu können: Ich habe es geschafft, wir recyceln 100 Prozent unseres Abfalls."

Und das ist bei weitem keine Marketing-Aktion. Für viel Geld hat Sawiris vor den Toren der Stadt eine Recycling-Fabrik bauen lassen. Hier wird alles sortiert und recycelt.

Plastik wird geschmolzen und zu Plastiktüten, Kleiderbügeln oder Pflastersteinen verarbeitet, Aluminium gesammelt und verkauft. Das Glas geht an die Brauerei, selbst Essensabfälle werden an Schafe und Rinder verfüttert. Und die Truthähne essen die Malzrückstände der Brauerei.

Rund 90 Menschen haben hier einen Job gefunden, erklärt Recycling-Ingenieur Seif. Aber Geld lasse sich damit keines verdienen - Milliardärshobby eben.

Ein "Ökogolfplatz" mitten im Sand

Ein Golfplatz in der Wüste ist aus ökologischer Sicht eigentlich eine Katastrophe. Drei bis vier Millionen Liter Wasser brauchen die 18 Spielbahnen pro Tag. Damit kommt ein Platz in Europa locker ein paar Monate aus.

Doch anders als in Europa nutzt man in El Gouna Brauchwasser, dass über ein Leitungssystem aus Hurghada zugeleitet wird. Dieses Wasser wird einen Tag lang aufbereitet und dann von Hand auf den Platz aufgebracht. Das allerdings geht nur weil die Grassorte "Seashore Paspalum" Hitze liebt und einen extrem hohen Anteil an Salz verträgt.

Golfer müssen sich allerdings umstellen, weil der Ball nicht so weit rollt und es manchmal ein wenig muffelt. Rund 850.000 Euro kommen so an Wasserkosten zusammen. Aber wie schon gesagt: das ist ein Milliardärshobby, denn am Ende gehört in El Gouna alles "Orascom", der Firma von Samih Sawiris.

El Gounas grüne Sterne

Fünf-Sternhotels gibt es weltweit viele, Hotels mit fünf "grünen Sternen" wie in El Gouna jedoch kaum. Gemeinsam mit der ägyptischen Regierung, der Gesellschaft für Technischen Zusammenarbeit und dem Deutschen Entwicklungshilfeministerium erfand "Orascom" die "grünen Sterne" als Hotelgütesiegel.

Je nach ökologischem Engagement erhält man eine AUszeichnung zwischen drei bis fünf Sternen. Neben dem Steigenberger darf sich auch das Mövenpick ein "Five Green Star Hotel" nennen, erklärt Hotel-Manager John Wood.

Alle Mitarbeiter werden bei Einstellung drei Tage lang geschult. Es geht darum, so wenig Energie oder Wasser zu verschwenden wie möglich. Gepflanzt werden nur Bäume und Gräser, die wenig Wasser brauchen. El Gouna will hier als Vorbild für andere Hotels in Ägypten - sowie in der restlichen Welt - stehen. Bei den Touristen kommt das gut an - "Rette den Planeten und mache Urlaub."

Vision oder Ökospinnerei?

Während El Gouna immer ökologischer wird, schütteln andere Hoteliers den Kopf. "Die sagen, ich spinne", lacht Sawiris. "Die wissen, dass das alles Geld kostet. Wirklich nachhaltig zu sein und das nicht nur zu behaupten, das muss man sich leisten können. Wir haben wegen unserer Größe natürlich mehr Verantwortung als ein kleiner Hotelier, der als Steuerzahler den Staat oder die Stadt in der Pflicht sieht. Ich muss mehr tun als alle anderen."

Und vielleicht tut er das demnächst auch in der Schweiz. Denn im Moment investiert "Orascom" rund eine Milliarde in den Schweizer Ort Andermatt.

Aus dem verschlafenen Gebirgsort soll ein schweizerisches El Gouna werden: authentisch schweizerisch, Hotels aller Kategorien, ein Golfplatz - und natürlich nachhaltig. Das ist Samih Sawiris neues Hobby.

Taufik Khalil

© Deutsche Welle 2009

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