Liebesbomben für Teheran

Aller Kriegsrhetorik zum Trotz wollen Iraner und Israelis gemeinsam mit ihrer jüngst initiierten "Israel liebt Iran"-Kampagne einer friedlichen Lösung des Konfliktes Ausdruck verleihen. Sahar Namazikhah berichtet.

Von Sahar Namazikhah

Inspiriert vom israelischen Grafiker und Lehrer Ronny Edri und seiner "Israel liebt Iran"-Kampagne, deuten seit letzter Woche nun auch Iraner und Angehörige anderer Nationalitäten den Narrativ des Krieges zu dem einer "Liebesbombe" um.

Kampagnenfoto: Israel loves Iran; © www.israelovesiran.com
Solidarisch gegen Kriegstreiberei und Säbelrasseln: Kampagnen-Bild der Friedensinitiative "Israel loves Iran"

​​Edri entwarf Poster, auf denen zu lesen war: "Iraner! Wir werden euer Land niemals bombardieren. Wir lieben euch", wobei das Wort "lieben" durch das Symbol eines Herzens veranschaulicht wurde. Die Iraner antworteten auf gleiche Weise. Angesichts des Alptraums eines drohenden Krieges reflektiert dieser lebendige Austausch von Botschaften die Hoffnung, dass es eine Solidarisierung zwischen dem iranischen und israelischen Volk geben kann – und eine Bewegung entsteht, die der Furcht ein Ende bereitet und nicht dem jeweils anderen Volk.

Einzigartig und bemerkenswert ist diese Kampagne insofern, da sich ganz gewöhnliche Menschen aus der Mitte der Gesellschaft entschieden gegen die Kriegsrhetorik der Regierenden stemmen und dabei etwas völlig Neues schaffen. Dabei ist es ihnen bislang gelungen, sich gegenseitig Mut zu machen, ein Stück Sicherheit zu geben und auf diese Weise vom Druck der permanenten Kriegsangst zu befreien.

Gemeinsam gegen den Krieg

Selbst als außen stehender Beobachter lässt sich erkennen, wie die Initiatoren dabei sehr weit entwickelte Methoden der Konfliktlösung anwenden, ohne diese zuvor studiert bzw. erlernt zu haben. Erwachsen ist dies schlicht aus einem Gefühl der Anteilnahme, der Empathie und der Sorge. Unbewusst haben sie diese Techniken der Konfliktlösung angewandt, um ihre eigene Vision der Zukunft zu Gehör zu bringen und die Realität in ihrem Sinne zu ändern.

Wenn eine populäre Bewegung der Solidarität und Einigkeit wie diese auf den Weg gebracht wird, wirft dies ein Schlaglicht darauf, dass die Regierungen nicht auf den Rückhalt ihrer Völker zählen können, wenn sie anderen Staaten mit Krieg drohen. Bemerkenswerterweise gelingt es der Bewegung, ein öffentliches Bewusstsein und eine weltweite Aufmerksamkeit für die Tatsache zu schaffen, dass Menschen in beiden Ländern den Krieg hassen – und nicht sich gegenseitig.

Als Iranerin, die diese weitverbreitete Solidarität erlebt, bin ich stolz darauf, dass Menschen, die seit Jahrzehnten dem Alptraum eines Krieges ausgesetzt sind, nun endlich die Kraft finden, die Zukunft in eine andere Richtung lenken zu wollen.

Der globale Charakter der Kampagne

Wenn man sich in sozialen Netzwerken umschaut, genügen bereits wenige Minuten, um festzustellen, dass es eben nicht nur Israelis und Iraner sind, die der Kampagne ihren besonderen Impuls verleihen, sondern viele Menschen weltweit – von Italien bis zu den Philippinen. Alle versuchen sie gemeinsam, Israel davon abzuhalten, den Iran anzugreifen.

Inzwischen schließt die Kampagne ein Facebook-Forum ein, um jedem einzelnen Unterstützer die Möglichkeit zu geben, sich zum Fortgang der Bewegung zu äußern. Dort teilen Menschen weltweit ihre Gedanken und Meinungen aus. Sehr deutlich lässt sich hierbei das Bedürfnis ablesen, sich über alle Grenzen hinweg zu verstehen und die bestehenden Ängste zu überwinden.

"Freunde Israels, wir lieben euch ... bisher gab es keinen Ort, wo man dieses sagen konnte", schreibt beispielsweise ein iranisches Mitglied. Und ein anderer: "Ich wünsche mir, dass die Soldaten dieser Welt sehen, was hier bei all diesen Menschen vor sich geht… Ich hoffe, sie sagen sich einfach: 'Okay, dann lass' uns gar nicht erst mit diesem Krieg anfangen!'."

Kampagnenbild Taiwan loves Iranians & Israelis; © www.israelovesiran.com
Über Ländergrenzen hinweg: Brücken bauen zwischen den Menschen im Iran und in Israel bedeutet nicht nur, einen möglichen Krieg zu verhindern, sondern auch, Tausende von Jahren einer gemeinsamen, wenn auch verschütteten Geschichte des iranischen wie des jüdischen Volkes wiederzubeleben, meint Sahar Namazikhah.

​​Die "Israel liebt Iran"-Kampagne kann zweifellos noch mächtiger und effektiver werden, wenn noch mehr Brücken zu Iranern innerhalb des Landes errichtet werden. Brücken bauen zwischen den Menschen im Iran und in Israel bedeutet nicht nur, einen möglichen Krieg zu verhindern, sondern auch, Tausende von Jahren einer gemeinsamen, wenn auch verschütteten Geschichte des iranischen wie des jüdischen Volkes wiederzubeleben – einer Geschichte, die bis ins sechste vorchristliche Jahrhundert zurückreicht.

In jener Zeit schuf der persische König Kyros der Große das Fundament des modernen Iran, mit seinen Leistungen in der Politik und im Militär. Von jüdischen Quellen, so beispielsweise von Flavius Josephus im ersten Jahrhundert nach Christus, wurde Kyros beschrieben als "der vom Herrn Gesalbte", weil er sich um die religiöse Freiheit verdient machte und den Juden half, in ihre Heimat zurückzukehren.

Auf dieser Grundlage können die Völker Israels und Irans neues Vertrauen und gegenseitigen Respekt wieder herstellen. Und diese Kampagne ist gewiss ein eindrucksvoller Schritt in diese Richtung.

Sahar Namazikhah

© Common Ground News Service (CGNews) 2012

Die Autorin arbeitete 15 Jahre lang als Journalistin im Iran. Heute ist sie Geschäftsführerin am "Center for World Religions, Diplomacy and Conflict Resolution" und Doktorandin an der "School of Conflict Analysis and Resolution" der George Mason Universität in Fairfax bei Washington D.C.

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de