Jung, deutsch und islamisch

Die Redakteure der Zeitschrift "Muslim – The Next Generation" sehen sich von den Medien als deutsche Muslime nicht angemessen repräsentiert. Deshalb haben sie kurzerhand ihr eigenes Magazin gegründet.

Von Ulrike Hummel

​​"Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir? ... Jetzt sprechen wir!", so lautet der Slogan der nach eigenen Angaben ersten Online-Zeitschrift jugendlicher Muslime in Deutschland, die vor wenigen Monaten startete.

Gefunden hat sich das Redaktionsteam von "Muslim – The Next Generation" im Netz: Herausgeberin Yasmina Abd el Kader startete auf der Online-Plattform "Myumma" eine Suche nach schreibwütigen jungen Muslimen – und wurde fündig.

Fatma Camur ist seit Juni 2009 dabei. Durch ihr Studium der Medienwissenschaften an der Uni Duisburg hat die 20-Jährige ohnehin eine Affinität zu Medien. Als junge Muslimin fühlte sie sich von gängigen Medienangeboten in Deutschland nicht so recht vertreten.

"Über Muslime und über den Islam wird in den Medien sehr viel berichtet", erzählt sie. "Aber es wird immer über uns berichtet – und jetzt wollten wir endlich mal selbst zu Wort kommen."

Auf der Webseite von The Next Generation wird dies noch einmal verdeutlicht; hier steht zu lesen: "Statt es den Medien zu überlassen, uns zu erzählen, wer wir sind, nehmen wir das Ruder doch lieber selbst in die Hand und erweitern den Blickwinkel der Berichterstattung!"

Das Wichtigste, was das Autorenteam verbindet, erklärt Fatma Camur, ist der gemeinsame Glaube, aber auch und vor allem ihre Identität als deutsche Muslime. "Daher der Titel 'Muslim – The Next Generation'", so Camur. "Wir sind nicht irgendeine Generation – nicht die dritte, nicht die zweite – sondern wir sind die nächste Generation, die in Deutschland etwas bewirken möchte."

Aufbruchstimmung

"Etwas bewirken", so wie beispielsweise Mesut Özil, das möchten die Macher der Zeitschrift. Fatma Camur freut sich, dass der junge Fußballer die deutsche Nationalelf ins Achtelfinale der WM gekickt hat und weist bei dieser Gelegenheit gleich auf einen WM-Artikel in der aktuellen Online-Ausgabe hin.

Dort heißt es, dass es "neu, bemerkenswert und schön" sei, wie "Mädchen mit Kopftüchern und Jungs mit schwarzen Locken" neuerdings für Deutschland jubelten, sich also mit ihrer Heimat identifizieren. Ob Fußball-WM, Burka-Verbot oder Muslim-Sein in Europa – die Themenpalette macht deutlich, dass die muslimische Jugendzeitschrift mehr ist als eine ambitionierte Schülerzeitung.

"Uns ist es wichtig, dass wir eine Balance zwischen dem islamischen Teil, also religiös motiviert, und dem gesellschaftlichen Teil finden", erklärt Fatma Camur. "Wir publizieren Texte über den Islam und Artikel zu gesellschaftlichen Projekten und aktuellen Veranstaltungen. Es gibt bei uns aber auch eine Ecke nur für den Spaß: Wir haben beispielsweise die Internet-Plattform 'Cooking Ummah' auf den Weg gebracht, auf der man Rezepte veröffentlicht kann, die halal sind, also religiös erlaubt."

Im Glossar des Magazins finden sich auch Erklärungen religiöser Begriffe – ein Angebot an alle Nichtmuslime, die mehr über den Islam erfahren wollen.

Neben solchen Themen wird bei "The Next Generation" aber auch über ernstere Themen diskutiert, zum Beispiel in der Serie "Aufklärung und Islam" – oder in den jüngsten Beiträgen über Thilo Sarrazin und seine Thesen zur migrantenverschuldeten Volksverdummung in Deutschland.

Anstatt dass man hier die beleidigte Leberwurst heraushängen lässt, wird hier ganz sachlich diskutiert, und weit weniger aufgeregt, als in vielen Feuilletondebatten zu dem Thema – und das, obwohl es sich hierbei um die bezichtigten Betroffenen handelt. Das zeigt, dass hier sachlich und mit Niveau diskutiert wird.

Redaktionskonferenz übers Internet

Die sieben Redakteure, die im ganzen Bundesgebiet verteilt sind, treffen sich einmal pro Woche zur Redaktionskonferenz via Skype über das Internet. Dort besprechen die Abiturienten und Studenten ihre Themen und verteilen die Aufgaben für die nächste Ausgabe. Professionelle Hilfe bekommen sie nicht, aber ein paar freiwillige Helfer unterstützen die Macher bei technischen und graphischen Fragen.

Konzipiert ist "Muslim – The Next Generation" für junge Muslime und Nicht-Muslime zwischen 13 und 30 Jahren. Stolz zeigt Fatma Camur die erste Print-Ausgabe, die erstmals im Mai dieses Jahres erschien. Die Autoren haben alles aus eigener Tasche bezahlt, zeigen also Risikobereitschaft und Engagement.

Die jungen Redakteure haben außerdem eine optimistische Grundeinstellung. Immerhin haben sie sich in den Kopf gesetzt, etwas in Bewegung zu bringen – und davon wollen die jungen deutschen Muslime sich so schnell nicht abbringen lassen.

Ulrike Hummel

© Deutsche Welle 2010

Redaktion: Lewis Gropp/Qantara.de

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