Wie Erdogan in Afrika punktet
Der ivorische Geschäftsmann Lilli Firmin Tre setzt auf die Türkei als Handelspartner - aus einem simplen Grund: "Ich habe mich für die Türkei aufgrund der Qualität ihrer Produkte entschieden", sagt Tre im Interview mit der Deutschen Welle. Er ist Leiter des Immobilienunternehmens SIG Group in der Republik Elfenbeinküste und pflegt schon länger enge Beziehungen zum Bosporus.
Die Stärke der Türkei seien die mehrheitlich eigenen Produktionsstätten, betont Tre. Andere europäische Länder hätten mehr asiatische Waren im Angebot. "Im Bauwesen gibt es viel zu lernen, die Türken verfügen über ein ausgeprägtes Fachwissen. Sie sind gut in der Bearbeitung, im Innendesign, die Abstimmung der Farben stimmt und sie haben gutes Baumaterial", lobt der Unternehmer. Das Beste: "Sie bieten europäische Qualität zu asiatischen Preisen an."
Türkische Geschäftspartner hingegen kauften Kakao in der Elfenbeinküste ein, außerdem Karitébutter, Cashewkerne und gelegentlich Holz. Eine Schwäche, so Tre, sei die schwierige Kommunikation. Die türkischen Partner sprächen selten Englisch und überhaupt kein Französisch, ohne Dolmetscher gehe es nicht.
Dennoch blüht der Handel in der Region. Im nahe gelegenen Senegal erwartet Moussa Mbaye in diesem Monat drei bis vier Container mit Eisen aus der Türkei - doppelt so viele wie in den Vorjahren. Der 32-Jährige koordiniert die Aktivitäten des türkischen Unternehmens ''La Turquoise'', das Dienstleistungen für senegalesische Unternehmen anbietet. 90 Prozent der senegalesischen Geschäftsbeziehungen zu türkischen Handelspartnern gehen nach eigenen Angaben über seinen Schreibtisch. "Wir bauen den internationalen Handel aus, verkaufen Möbel, Eisen und Ersatzteile", sagt Mbaye der Deutschen Welle in Senegals Hauptstadt Dakar. All das sei zu guten Preisen aus der Türkei zu bekommen.
Die Märkte der Zukunft liegen in Afrika
Im Zeichen der wachsenden Beziehungen der Türkei zu den Ländern Afrikas hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan zum Gipfel vom 16. bis zum 18. Dezember nach Istanbul geladen. Zu den Rednern gehörten neben Erdogan und seinem Handelsminister Mehmet Mus etwa Kongos Präsident Felix Tshisekedi und der Kommissionspräsident der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat. Auch das Sekretariat der noch jungen Afrikanischen Freihandelszone ist vertreten.
Die Zahlen sprechen für sich: Das Handelsvolumen zwischen der Türkei und Afrika sei immens, teilt der Ökonom Güven Sak vom Türkischen Institut für Wirtschaftspolitik (TEPAV) der Deutschen Welle mit. "Die Summe aller Projekte, die bis heute auf dem gesamten Kontinent durchgeführt wurden, beläuft sich auf ganze 70 Milliarden US-Dollar." Die türkischen Exporte nach Afrika hätten im Jahr 2020 15 Milliarden US-Dollar betragen, berichtet Sak.
"Afrika ist weltweit der Kontinent mit der jüngsten Bevölkerung und mit dem schnellsten Bevölkerungswachstum." Hochrechnungen der Vereinten Nationen zufolge wird sich die Bevölkerung Afrikas bis 2100 mindestens verdreifachen und die Vier-Milliarden-Marke knacken. Der Zuwachs der Beziehungen erklärt sich für Sak durch Investitionsmöglichkeiten in den Bereichen urbane Infrastruktur, Logistik, Energie und Bau: "Die Tatsache, dass Afrika sowohl an traditionellen als auch an erneuerbaren Energieressourcen äußerst reich ist, bietet Chancen für einen rasant wachsenden Markt", so der Ökonom.
Ein wachsendes Netz an Beziehungen
Seit Ankara 2005 das "Afrika-Jahr" ausrief, haben sich die Beziehungen zwischen beiden Regionen deutlich verbessert. In der Industrie und im Baugewerbe sah die Regierung lukrative Geschäftschancen. Türkische Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen, besonders im Bildungsbereich, etablierten sich auf dem Kontinent.
Mit den verbesserten Wirtschaftsbeziehungen ging ein Ausbau der diplomatischen Beziehungen einher: Seit 2008 ist die Türkei ein "strategischer Partner" der Afrikanischen Union, regelmäßig gibt es Treffen mit afrikanischen Staats- und Regierungschefs. Erst im Oktober bereiste Präsident Erdogan Angola, Nigeria und Togo.
Inzwischen etabliert sich die Türkei auch als humanitärer Akteur: Ins bürgerkriegs- und dürregeplagte Somalia schickte Ankara Fachleute zum Bau von Straßen, Schulen und Krankenhäusern - und sicherte sich im Gegenzug laut Experten einen Zugang zur strategisch wichtigen Meerenge am Golf von Aden, um dort den eigenen Energiebedarf zu decken.
Drohnen: Der türkische Verkaufsschlager
Seit Erdogans Amtsantritt 2014 hat die Türkei auch bei Sicherheitsfragen auf dem Kontinent deutlich an Einfluss gewonnen. Somalia als Tor der Türkei nach Subsahara-Afrika ist seit 2017 auch Standort von TURKSOM, der größten türkischen Militärbasis in Übersee.
Dazu passt, dass es bei dem Treffen in Istanbul entscheidend auch um Waffenexporte gehen soll. Beispielsweise seien die türkischen Rüstungs- und Luftfahrtexporte nach Äthiopien zwischen Januar und November von rund 235.000 US-Dollar auf 94,6 Millionen US-Dollar angestiegen, heißt es von der türkischen Versammlung der Exporteure. Die Verkäufe nach Angola, Tschad und Marokko haben ähnliche Sprünge gemacht.
Türkische Verkaufsschlager sind die Kampf- und Aufklärungsdrohnen vom Typ Bayraktar TB2. Die unbemannten Fluggeräte wurden in zahlreichen Konflikten eingesetzt und haben sich als hocheffizient erwiesen. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, Marokko und Tunesien hätten bereits im September türkische Kampfdrohnen erhalten. Viele weitere afrikanische Länder haben ihr Interesse bekundet.
Martina Schwikowski, Daniel Bellut & Pelin Unker
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