Trump hat den syrischen Tisch umgestoßen
Die westliche Welt hat den Militärschlag vorsichtig abgenickt. Es lässt sich auch kaum dagegen argumentieren, dass auf einen Giftgasangriff reagiert wurde. In Europa hofft man jetzt, dass das den Beginn eines Friedensprozesses in Syrien einläuten könnte, wurden Assad doch nun endlich mal seine Grenzen aufgezeigt. Moskau dagegen raucht der Ärger aus den Ohren.
Die erste Reaktion Syriens kam am Vormittag. Ein Militärsprecher erklärte, dass sich die USA mit diesem Militärschlag zum Partner des IS und der Al-Qaida-nahen Nusra-Front gemacht habe, die das syrische Militär doch bekämpfe. Er streitet weiterhin ab, dass das Assad-Regime Giftgas eingesetzt habe und wirft der USA vor, internationales Recht verletzt zu haben. Damaskus bleibe in der Verteidigung des syrischen Volkes weiterhin standfest. Soweit so absehbar.
Das syrische Regime spielt die übliche Antiterror-Karte. Es ist das alte Vermarktungsargument Baschar al-Assads, mit dem versucht wird, den Täter zum Opfer oder gar zum tugendhaften Ritter im Kampf gegen den militanten Islamismus zu machen. Derweil sind Diktator Assad und der radikale Islamismus in Syrien zwei Seiten der gleichen Medaille. Beide brauchen den jeweils anderen, um die eigene Existenz zu rechtfertigen.
Von zahnlosen und beißenden Hunden
Kurzum: Das syrische Regime bellt, aber es weiß auch zu genau, dass es nicht beißen kann. Der Rest ist Schadensbegrenzung. Das Beißen muss das Regime seinen Verbündeten Russland und dem Iran überlassen.
Der Iran, der wichtigste Verbündete für Assad in der Region, hat den Militärschlag erwartungsgemäß verurteilt und er hat auch schon ein wenig dort gepikst, wo es Washington am meisten wehtut. Das Ganze werde negative Auswirkungen im Irak zeitigen, lauteten die Warnungen aus Teheran. De facto arbeiten Washington und Teheran im Irak nämlich gemeinsam gegen den IS.
Indirekt ziehen die Iraner die Zügel bei der Zentralregierung in Bagdad und ihrer Armee, die in Mossul gegen den IS kämpft. Noch direkter verfährt der Iran mit den schiitischen Milizen, die im Westen vor der nordirakischen Stadt Mossul stehen. Das heißt, im Kampf gegen den IS in Mossul lenkt der Iran mit US-Luftunterstützung zum Teil die Bodentruppen. Wie die neuen negativen Auswirkungen im Irak aussehen könnten, lässt man in Teheran noch offen.
Trump, der neue Held
Die syrischen Rebellen und ihre Verbündeten sind naturgemäß vom US-Überraschungsschlag entzückt. In der Türkei lobt man den positiven Schritt, dass das Assad-Regime endlich bestraft wurde. Und auch Saudi-Arabien hält sich mit seiner Freude nicht zurück über den "mutigen" amerikanischen Einsatz. In syrischen Rebellenkreisen selbst ist Trump der neue Held. Es wurde schon angekündigt, dass in den Rebellengebieten demnächst einige Neugeborene den Namen "Donald" erhalten sollen. Arme syrische Rebellenkinder.
Ein erster Militärschlag ist immer der leichteste Teil der Übung. Wie schon sooft zuvor haben langwierige Auseinandersetzungen in der Arabischen Welt mit dem Aufstieg von Tomahawk-Raketen von US-Kriegsschiffen begonnen. Sooft sie ihr militärisches Ziel getroffen haben, so oft haben sie am Ende auch ihr politisches Ziel verfehlt.
Auch der Dritte Golfkrieg begann mit dem Abschuss von Tomahawk-Raketen von US-Kriegsschiffen und präsidialen Erklärungen in Washington. Ein paar Jahre später saß in Bagdad eine Iran-hörige Regierung an der Macht, also ziemlich das Letzte, was sich George W. Bush damals vorgestellt hatte. Dass aus dieser Situation langfristig auch der IS entstand, ist etwas das man sich damals nicht einmal hat vorstellen können.
Trump sagt, dieser Militärschlag sei einmalig, nichts weiter sei geplant. Was aber wenn das Assad-Regime nicht reagiert und einfach so weiter macht wie zuvor? Dann steht Trump in der Eskalationspflicht. Ein erster Militärschlag ist immer der leichteste Teil der Übung, die darauf folgende Kettenreaktion ist unberechenbar.
Vielleicht hat auch der prominente arabische Kolumnist Rami Khouri recht, der nach dem Militärschlag twitterte: "Die Mischung aus vier Jahrzehnten arabischer Diktatoren mit ihrer Brutalität gepaart mit dem Militarismus in der Region haben den Nahen Osten zerstört. Wenn die Ursachen dieser Probleme nicht gelöst werden, wird es wohl ewig so weiter gehen."
Karim El-Gawhary
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