Der "Peace Train" ist zurück
Malibu in Kalifornien: Ein Mann schwimmt vor der Küste. Plötzlich zieht ein Sturm auf, die Wellen schlagen höher. Der Mann treibt ab, kann sich nicht mehr selber aus den Fluten befreien und beginnt in seiner Not zu beten. Sollte er überleben, würde er sein Leben voll und ganz Gott widmen. Kurz darauf trägt ihn eine Welle ans rettende Ufer. Der Mann konvertiert zum Islam und ändert seinen Namen in "Yusuf Islam". Bei dem Mann aus dem Meer handelt es sich um Cat Stevens - mit über 50 Millionen verkauften Platten einer der Pop-Musiker der 1970er Jahre. 1979 verkauft er alle seine Instrumente und beendet seine musikalische Karriere.
Oh, Baby, Baby, it's a wild world!
Rückblick: 1967 ist der Londoner Steven Demetre Georgiou 19 Jahre alt. Der Sohn eines Griechisch-Zyprioten und einer Schwedin veröffentlicht unter dem Pseudonym "Cat Stevens" sein erstes Album: "Matthew & Son". Es steigt direkt auf Platz sieben in den britischen Charts ein. Aber schon sein zweites Album "New Masters" wird ein kommerzieller Misserfolg. Als er dann an Tuberkulose erkrankt, scheint seine junge Karriere vorbei zu sein, bevor sie begonnen hat.
Cat Stevens ist an sein Bett gefesselt. Er ist am Tiefpunkt. Doch in diesem Zustand schreibt er über 40 Songs. Nur mit seiner Stimme und seiner Akustikgitarre arrangiert, lassen die neuen Stücke wenig Platz für musikalische Experimente. Das neue, intime Klangbild soll sein Erfolgsrezept und die Basis seiner nächsten Alben werden. Songs wie "Wild World", "Morning has Broken" oder "Father and Son" besiegeln seinen Weltruhm. Stevens ist eine Pop-Ikone.
Als er zehn Jahre später den Fluten als Yusuf Islam entsteigt, ist Schluss damit. Nachdem er 1978 zum Islam konvertiert, spielt er noch sein elftes Studioalbum ein, legt seinen Künstlernamen ab und zieht sich komplett aus dem Musikgeschäft und dem öffentlichen Leben zurück. Er gründet in London eine Koranschule und engagiert sich mit den Vereinten Nationen für soziale Projekte.
Negative Schlagzeilen
Dann gerät Yusuf Islam Ende der 1980er Jahre in die Schlagzeilen: Als der Roman "Die Satanischen Verse" von Salman Rushdie erscheint, wird er von der islamischen Welt als Gotteslästerung empfunden. Der iranische Religionsführer Ayatollah Khomeini verhängt 1989 die Fatwa gegen Rushdie, ruft zum Mord an ihm auf.
Yusuf Islam unterstützt den Mordaufruf im britischen Fernsehen indirekt, indem er sagt, dass er Rushdie nicht bei sich Unterschlupf gewähren, sondern ihn direkt an Khomeini ausliefern würde. Später versucht er seine Aussage zu relativieren, der Journalist habe ihm eine Falle gestellt, es sei von Anfang an ein Missverständnis gewesen. 1996 sagt er in einem Interview mit der Berliner Zeitung, dass "[er sich] zwischen den Radikalen und den Gemäßigten [Muslimen befinde]". Israel sieht ihn damals unter den Radikalen und untersagt ihm im Jahr 2000 die Einreise, weil er Geld an die Palästinenserorganisation Hamas gespendet hatte.
"Alles, was Gutes bewirkt, ist gut, und was Schlechtes bewirkt, ist schlecht."
Mit einem musikalischen Comeback hatte nach über 20 Jahre niemand mehr gerechnet, als Yusuf wieder zur Gitarre greift. Genauso radikal und konsequent, wie er 1979 aufgehört hatte, zieht es ihn nun wieder auf die Bühne. Der Grund: wieder ein bestimmtes Ereignis. "Nach dem 11. September 2001 habe ich beschlossen, dass es Zeit war, wieder für den Frieden zu singen und für das ganz großeMittelfeld, in dem die meisten Muslime leben und wohnen - weit entfernt vom Extremismus."
Bei einem Konzert der Nelson-Mandela-Stiftung steht Yusuf Islam 2003 wieder als Popmusiker auf der Bühne. Er spielt seinen Song "Peace Train". Die Entscheidung, wieder seine alte Musik zu spielen, ist kein Schnellschuss. "Ich habe Zeit gebraucht, um sicher sein zu können, dass ich das Richtige tue. Und ich glaube, ich habe eine Antwort erhalten, die sehr einfach ist: Alles, was Gutes bewirkt, ist gut, und was Schlechtes bewirkt, ist schlecht", sagt Yusuf Islam.
Drei Alben hat er seit seiner Rückkehr veröffentlicht. Die neuste CD "Tell 'Em I'm Gone" im Oktober. Auf der CD steht zwar in großen Buchstaben "Yusuf", aber es klebt auch ein Aufkleber mit dem Namen "Cat Stevens" daneben. Außer dem Namen hat er sich seit den 1970ern nicht viel verändert. Sein Bart ist etwas grauer und er trägt eine Brille, aber seine Stimme und sein Gitarrenspiel haben kein bisschen von ihrem Charme verloren. Das Publikum bekommt, was es hören möchte.
Auch in den sozialen Netzwerken ist Yusuf Islam omnipräsent: Ob bei Facebook, YouTube oder Twitter. Am Dienstag (18.11.2014) stellte er ein Foto online, welches ihn vor einem Stück der Berliner Mauer zeigt. Dazu zitiert er seinen Song "Tuesday's Dead": "We must try to shake 'em down... Try to turn the world around... one more time".
Hans Joachim Hennig
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