Zwischen Wissenschaft und Lifestyle
Die Großaufnahme zeigt das Gesicht einer Frau mit kupferfarbener Haut und dunklem Haar. Der kräftige Lidstrich betont ihre schwarzen Augen. Vor ihrem Gesicht hält sie eine schwarze Schlange. Eine Mischung aus Scheherazade, Bauchtänzerin und Schlangenbeschwörerin – geheimnisvoll, verlockend und gefährlich zugleich. Die wunderschöne und hochglänzende Cover-Photographie der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Zenith" zieht auch den Leser ins Heft, der sich bis gerade eben noch nicht so brennend für den Orient interessiert hatte.
Wo liegt der Orient?
"Wenn Medien über den Orient berichten, dann meistens, wenn es irgendwo Krieg gibt oder Steine geschmissen werden", sagt Jörg Schäffer, einer der Herausgeber von "Zenith", im Gespräch mit DW-WORLD. "Zenith" aber will Klischees aufbrechen und ein differenzierteres Orientbild vermitteln. Und zwar nicht nur inhaltlich, sondern auch geographisch: "Wenn alle über den Irak schreiben, schreiben wir über Ruanda. Der Orient geht für uns von der West-Sahara bis Zentralasien. Wir können den Orient weder streng geographisch noch religiös oder kulturell definieren und wollen es auch nicht. Die Zeitschrift soll vielmehr die ganze Vielfalt orientalischer Kultur im weitesten Sinne ausleuchten."
Licht statt Schatten
Darum heißt sie auch "Zenith", denn wenn die Sonne im Zenit steht, dringt das Licht fast überall hin und es gibt kaum Schatten. Und diesen Anspruch haben die Redakteure und Autoren auch an ihr Magazin: Licht ins Dunkel eines ihrer Ansicht nach in Deutschland oft verzerrt vermittelten Orients zu bringen.
Der Schwerpunkt des aktuellen Heftes liegt auf dem Thema "Mensch und Tier im Orient". Des Menschen treuester Begleiter ist andernorts eben nicht der Schäferhund, sondern das Kamel. Außerdem geht es um Istanbuls Probleme mit Straßenhunden, um gefährliche Mücken in Afrika oder die Schlange als uralte Verführerin. Darüber hinaus beinhaltet das etwa 70 Seiten starke und 3,50 Euro teure Magazin Berichte aus Politik, Kultur und Sport. Hinzu kommen wunderschöne Photoreportagen. "Wir wagen den Spagat zwischen Wissenschaft und Lifestyle", sagt Jörg Schäffer. Und heraus kommt ein Heft, dass über fundiert recherchierten Artikeln die ansprechende Gestaltung mit einem künstlerischen Sinn für das Besondere nicht vernachlässigt.
Motiviert und ehrenamtlich
An ihrer Arbeit verdienen weder die Redakteure noch die Autoren der Zeitschrift etwas. Aufgrund treuer Abonnenten und einem stabilen Anzeigengeschäft trägt sie sich inzwischen aber größtenteils selbst. "Anfangs mussten wir oft unser eigenes Geld in die Zeitschrift stecken. Lange Zeit hatten wir auch kein eigenes Büro, sondern haben uns in irgendwelchen Studentenzimmern getroffen", so Jörg Schäffer. Hamburger Studenten der Islamwissenschaften, Geschichte und Politologie und anderer Fächer sind sie immer noch, aber aus dem Instituts-Blatt ist ein professionelles Magazin mit einer steigenden Anzahl an Autoren aus aller Welt und einer Auflage von 5.000 Stück geworden. "Seit Neuestem haben wir unseren ersten Abonnenten in Indonesien", sagt Jörg Schäffer. Die meisten Exemplare werden aber in Deutschland und in der Schweiz verkauft.
Dass "Zenith" den Zenit noch nicht erreicht hat, ist zu hoffen. Denn nachdem die Sonne den höchsten Stand überschritten hat, macht sie sich bekanntlich schon ans Untergehen. "Zenith" aber sollte der deutschen Zeitschriftenlandschaft noch lange erhalten bleiben.
Katharina Borchardt, DW-WORLD
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