Extravagante Ikone der Vergangenheit
Die Pakistanis sehnen sich nach Frieden und Wohlstand – und sie haben die Nase voll vom Establishment. In drei Wahlen wählten sie drei verschiedene Parteien an die Macht. Die Militärregierung endete 2008 mit Pervez Musharrafs Rücktritt als Präsident. Kurz vor den Wahlen wurde Benazir Bhutto getötet, ihre Pakistan People's Party (PPP) gewann. Fünf Jahre später wurde die PPP abgewählt, und Nawaz Sharif von der Pakistan Muslim League Nawaz (PMLN) wurde Ministerpräsident.
Heute hoffen alle, dass Imran Khan eine friedliche und produktive Zukunft bringt, was weder PPP noch PMLN gelang. Die PPP wird vom Bhutto-Clan dominiert, die PMLN von den Sharifs. Beide gelten zu Recht als korrupt. Ob die PTI anders ist, wird sich zeigen.
Khan war einst ein Kricketstar. Unter seiner Führung gewann das pakistanische Team 1992 die Weltmeisterschaft. Nach Ende seiner Karriere entdeckte er die Politik für sich und machte sich als Philanthrop einen Namen. Erst kürzlich bekräftigte der frühere Playboy seinen muslimischen Glauben. Ein langjähriger Beobachter bezeichnet ihn als "extravagante Ikone der Vergangenheit", die zu einem "einnehmenden Politiker" geworden sei.
Bescheidenheit statt Prunksucht
In seiner ersten Fernsehansprache an die Nation legte Khan den Schwerpunkt auf Sparsamkeit und Verantwortlichkeit. Er versprach, in einem kleinen Haus mit drei Schlafzimmern zu residieren und aus dem prunkvollen Ministerpräsidentenhaus in Islamabad eine Universität zu machen. Er brauche lediglich zwei Hausangestellte – im Gegensatz zu den 500 Bediensteten in dem luxuriösen Anwesen, das dem Regierungschef zustünde.
Nach seinem Wahlsieg sprach er 70 Minuten über Themen, die die Öffentlichkeit bewegen: Beschäftigung, Bildung, Landwirtschaft, Wasser, Gesundheitswesen und Umwelt. Er erwähnte auch die Inflation, den Haushalt und aktuelle Defizite – nicht jedoch die kontroversen wirtschaftspolitischen Themen. Er erwähnte nicht, ob er den Internationalen Währungsfonds (IWF) um Unterstützung bitten will oder nicht.
Der pakistanische Wechselkurs ist jüngst erneut rasant gefallen, die Devisen schwinden zusehends, eine Krise bahnt sich an. Im Wahlkampf versprach Khan, einen "Islamischen Wohlfahrtsstaat" zu gründen – doch dem Land fehlen die Einnahmen für größere Investitionen in soziale Leistungen.
Khan sprach auch den "China-Pakistan Economic Corridor" an, für den Peking enorme Kredite zugesagt hat. Anders als seine Vorgänger scheint ihn Chinas Engagement jedoch wenig zu begeistern. Wie er mit der Kreditlast umgehen will, sagte er allerdings nicht.
Die dritte Ecke eines "Trouble-Dreiecks"?
Der Ex-Kricketstar kündigte an, die Regierung zu verschlanken und zu säubern. Whistleblower im öffentlichen Dienst – besonders bei den Steuerbehörden – sollen nicht nur rechtlichen Schutz erhalten, sondern auch mit Anreizen motiviert werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den Khan nicht ansprach, sind die militanten Islamisten, die in den vergangenen 20 Jahren für den Tod tausender Menschen verantwortlich waren. Auch sein außenpolitischer Ansatz bleibt vage; mehr als den Wunsch nach freundschaftlichen Beziehungen zu allen Nachbarn brachte er nicht hervor.
Das Volk ist von den vorherigen Regierungen enttäuscht und hofft nun auf Khan. Doch es gibt auch Zweifel. Ein Beobachter meint, die Welt werde unvorhersehbarer und beängstigender. Fehlgeleitete populistische Stimmungen hätten Narendra Modi in Indien und Donald Trump in den USA an die Macht gebracht. Er sieht Khan als dritte Ecke eines "Trouble-Dreiecks".
Dieser Beobachter wählte die PMLN, weil die Sharifs sich mit der militärischen Führung angelegt hatten, wohingegen Khans Wahlkampf von Militärkreisen unterstützt wurde.
Ein Wirtschaftsboss will drei Monate abwarten, "ehe er Khan seine volle Unterstützung zusagt". Seine Entscheidung hängt davon ab, wie der neue Ministerpräsident gegen Korruption vorgeht und das Geschäftsleben fördert.
Laut Informationen eines Experten des privaten Thinktanks "Pakistan Business Council" ist ausschlaggebend, wie die PTI-Regierung die Probleme mit der Zahlungsbilanz in den Griff bekommt. Wenn das gelänge, könne die Wirtschaft nachhaltig um sieben Prozent jährlich wachsen. Leider ist und bleibt das wohl ein recht großes "Wenn".
Afshan Subohi
© Zeitschrift Entwicklung & Zusammenarbeit 2018