Falsche Prioritäten und ökologischer Wahnsinn
Die lebensnotwendige Ressource Wasser wird in vielen Gebieten der Welt immer knapper. Im Nahostkonflikt kann bekanntlich schon die Umleitung eines Flusses oder auch nur ein zusätzliches Abpumpen von Wasser schnell zum Kriegsgrund werden.
Wie die vorhandenen Wasserbestände zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn verteilt werden, ist nicht nur Ergebnis der Nahostkriege, sondern auch der unterschiedlichen Auffassungen über die Möglichkeiten der Wassergewinnung in der Region. Diese Ansichten, ob nun die der Israelis oder die der Palästinenser, hält der deutsche Hydrogeologe Clemens Messerschmid, der seit mehreren Jahren in Ramallah lebt und arbeitet, für veraltet und tendenziös.
Wasserarmut als Irrglaube
Messerschmids Kritik, die dieser Tage in Israel Aufsehen erregt, richtet sich hauptsächlich gegen die Israelis. Sie haben nach wie vor die Kontrolle über die meisten Wasserressourcen in einem Land, das der deutsche Hydrogeologe übrigens – entgegen der herrschenden Meinung – für gar nicht so wasserarm hält.
Dass die Palästinenser noch immer von der Wasserarmut des Gebiets überzeugt sind, sei ein Irrglaube, den die Israelis bewusst pflegten, indem sie den Wassermangel als eine Naturgegebenheit darstellten. So werde die ungerechte Verteilung der vorhandenen Wasserressourcen zu Gunsten Israels weiter aufrechterhalten.
Die zunehmenden Wasserprobleme, so der Hydrogeologe, resultieren daraus, dass Israel den größeren Teil des verfügbaren Wassers für die eigene Landwirtschaft nutze – die macht heute jeodch nur noch einen geringen Anteil der israelischen Wirtschaft aus.
Falsche Prioritäten
Doch davon unbeeindruckt, hält der israelische Staat am zionistischen Gründungsmythos fest, der bei der jüdischen Besiedlung Palästinas den Aufbau der Landwirtschaft in den Mittelpunkt des Siedlungswerks stellte. Messerschmid zufolge sind in Israel die Prioritäten der Wasserpolitik grundsätzlich falsch gesetzt: So wird mit der kostbaren Ressource Wasser allzu verschwenderisch umgegangen, wenn in der größten Hitze immer noch breite Flächen intensiv bewässert werden, obwohl das Wasser größtenteils sofort abdampft.
Die Palästinenser hingegen haben nicht einmal die Wassermengen zur Verfügung, die ihnen gemäß den israelisch-palästinensischen Friedensverträgen zustehen. Messerschmid wirft den israelischen Behörden vor, dass sie den Palästinensern den Zugang zum größten Grundwasservorkommen im Land, dem so genannten westlichen Aquifer versperren. Zwar werden auf palästinensischer Seite vereinzelt Bohrungen vorgenommen, jedoch reichen diese bei Weitem nicht aus, um genügend Wasser zu liefern.
Messerschmid, dessen Beanstandungen von der israelischen Wasserbehörde heftig zurückgewiesen werden, spart auch nicht mit Kritik an den Palästinensern. Nicht alle ihre Klagen über die israelische Wasserpolitik seien berechtigt. So beanspruchten israelische Siedler in der West-Bank kaum palästinensisches Wasser. Und wenn Israel den Palästinensern Wasser verkaufe, so koste sie das nicht mehr als es die israelischen Kommunen koste.
Ökologischer Wahnsinn
Die einzige Chance, den israelisch-palästinensischen Wasserstreit gerecht zu lösen, sieht der deutsche Hydrogeologe in einer grundsätzlichen Änderung der israelischen Einstellung und in einer engeren Zusammenarbeit beider Seiten.
Von den traditionellen palästinensischen Methoden zur Wasseraufbewahrung und –nutzung, die sparsam und an das trockene Klima angepasst seien, könnten auch die Israelis einiges lernen. Denn in der israelischen Wüste mit viel Wasser Blumen zu züchten, um sie dann nach Europa zu exportieren, sei ökologischer Wahnsinn – da könnte man gleich den Europäern israelisches Wasser verkaufen.
Joseph Croitoru
© Qantara.de 2008
Qantara.de
Wasserkonflikte im Nahen Osten
Ohne Kooperation ist keine Lösung möglich
In Nordafrika und Nahost gibt es genug Trinkwasser für Generationen, wenn die Ressourcen sparsam und effizient bewirtschaftet werden. Fathi Zereini, ein aus Palästina stammender Frankfurter Mineraloge, erläutert im Gespräch mit Hans Dembowski die Perspektiven.
Friends of the Earth Middle East
Wasser als Quelle des Dialogs und der Kooperation
Wasser kennt keine Grenzen. Wenn der Jordan verschmutzt wird oder das Tote Meer austrocknet, betrifft das alle Anrainer. Um diese Probleme dauerhaft zu lösen, sind Dialog und Kooperation nötig. Diesen Umstand begreift die Organisation "Friends of the Earth Middle East" als Chance. Beate Hinrichs berichtet