Von Krise keine Spur
Man muss sich natürlich fragen, was Waldi hier macht, mitten in der Wüste - der kleine Dackel, das Maskottchen der Olympischen Spiele in München 1972. Das blau-grüne Tier sollte einmal für Deutschland in der Welt werben, für ein wirtschaftlich mächtiges, sich aber politisch völlig zurückhaltendes Deutschland.
Und Retro-Waldi, der Hund mit Beißhemmung, ist nicht allein: VW-Käfer haben die Al Riwaq Galerie in Doha infiltriert, Vintage-Autos, die demonstrieren, wie sich das Design deutscher Automobile über die Jahrzehnte verändert hat, kurz: wie aus einer Idee Form wird.
Deutsches Design - das ist ein Zweig der Industrie, der seine volle Bedeutung erst noch einnehmen wird, meint Michael Maurer, Leiter des Bereichs Konzerndesign bei Volkswagen und Chef der Designabteilung bei Porsche. Maurer steht ein wenig verloren in der 3500 Quadratmeter großen Ausstellungshalle an der Bucht von Doha herum.
"Im Design wird es jetzt erst spannend. Da gibt es größere Veränderungen als in den letzten 20 Jahren. Denn wenn das Elektroauto kommt, werden die großen Hardware-Teile für den Motor wegfallen. Dann wird es ein Auto geben, das ganz anders aussieht." Klar, dass Designerteams in aller Welt daran basteln.
"Wo kann man das kaufen?"
Es hat seinen Grund, dass all die Autos aus der Vergangenheit jetzt in Qatar zu sehen sind, ebenso wie die Sitzmöbel oder die Leica-Modelle, die lange weltweit führend waren. Oder die Adidas-Schuhe von 1954 und die Fußballschuhe der Zukunft, die im 3-D-Verfahren von einem Computer gleichsam maßgeschneidert werden.
Unter der Kuppel des fantastischen Museums für Islamische Kunst sprach Sheikha Mayassa, die Schwester des Emirs Tamim bin Hamad al-Thani, ihren Dank aus: "Zurzeit gibt es eine politische Blockade, die unsere Nachbarn gegen uns verhängt haben. Umso mehr freue mich über die unmittelbare deutsche Reaktion und Unterstützung. Qatar wird die deutsche Antwort auf die jetzige Situation niemals vergessen, deshalb danke ich Ihnen im Rahmen der Regierung von Qatar."
Sheikha Mayassa ist ein mächtiger Player in der Kunstwelt. Forbes zählt sie zu den 100 einflussreichsten Frauen der Welt. Jedes Jahr gibt sie eine Milliarde Dollar am Kunstmarkt aus.
Bemerkenswert für das deutsch-qatarische Kulturjahr auch die Antwortrede von Paul Achleitner im Namen der Deutschen Bank: "Wir wollen wir unsere Unterstützung und unsere Sympathie für die Einwohner Qatars in dieser sehr schwierigen Lage ausdrücken, in der wir uns befinden. Volkswagen, Deutsche Bank und auch Qatar gehen durch eine schwierige Zeit. Aber wir alle sehen Krisen als eine positive Chance, voranzukommen und neue Möglichkeiten zu ergreifen."
Krise? Welche Krise?
Offene Worte - zumal Achleitner auch die Schwierigkeiten seines Unternehmens und die von Volkswagen erwähnt, die es zu überwinden gelte. Qatar jedenfalls lässt sich von der Blockade seiner Nachbarn nicht erschüttern, betreibt "business as usual". Al-Jazeera sendet ungerührt weiter, Qatar Airways fliegt immer noch um den Erdball. Manche meinen sogar, dass am Ende Saudi-Arabien als Verlierer aus dem angezettelten Streit hervorgeht.
Auch der Bau der WM-Stadien wird fortgesetzt. Innerhalb kürzester Zeit hat das Land eine neue Infrastruktur aufgebaut, neue Häfen und Verkehrswege für den Gasexport gefunden, von dem es lebt. So einfach in die Knie zwingen lässt sich Qatar anscheinend nicht.
Deutschland und Qatar wirtschaftlich eng verflochten
Das deutsch-qatarische Kulturjahr, obwohl lange vor der Blockade beschlossen, wirkt nun wie eine Solidaritätsadresse. Friedhelm Hütte, Leiter der Kunstabteilung der Deutschen Bank, hat seine schönsten Polkes, Baselitz' und Neo Rauchs mitgebracht, die nun in der unterkühlten Fire Station ausgestellt sind.
Wirtschaftlich gesehen sind Deutschland und Qatar einander längst näher gerückt, als man denkt. Das Emirat besitzt bereits knapp 15 Prozent an Volkswagen und acht Prozent an der Deutschen Bank. Auch Porsche, der Solaranlagenbauer Solarworld und der Baukonzern Hochtief haben Erfahrung mit qatarischen Investoren. Nach Angaben der Außenhandelskammer haben 64 deutsche Unternehmen eine Niederlassung in Doha.
Werner Bloch
© Deutsche Welle 2017